Das Unternehmen hat bereits das CBD-Start-up Solidmind übernommen. Prominente Investoren und frisches Geld vom Kapitalmarkt sollen weitere Zukäufe ermöglichen.
Von der Firmengründung bis zum Börsengang ist es eigentlich ein langer Weg – verbunden mit vielen Wachstumsschritten und Finanzierungsrunden. Für eine Abkürzung hat sich das 2015 von Lars Müller gegründete Start-up Solidmind entschieden. Das im Allgäu ansässige Unternehmen, das die CBD-Marke Hempamed betreibt, ist seit dem Sommer Teil der bereits börsennotierten Firma Synbiotic. Das Besondere an dem Deal: Synbiotic war bis dahin nur eine leere Hülle ohne operatives Geschäft. Hinter der Firma steckt mit Christian Angermayer aber ein prominenter Seriengründer und Investor, der bekannt dafür ist, zukunftsträchtige Geschäftsfelder aufzuspüren – und beste Kontakte unter anderem zu US-Milliardär Peter Thiel pflegt.
Die Vision: Synbiotic soll in den kommenden Jahren durch Zukäufe zu einem europäischen Cannabis-Riesen heranreifen, der in einer Liga mit kanadischen Branchenunternehmen wie Aurora, Aphria oder Canopy Growth spielen soll. „Durch den Zugang zum Kapitalmarkt haben wir ganz andere Finanzierungsmöglichkeiten als klassische Start-ups“, sagt Müller, der außer bei Solidmind nun auch die Geschäfte der Dachgesellschaft führt. Tatsächlich ist Synbiotic seinem Ziel gerade einen Schritt nähergekommen: Mittels einer Kapitalerhöhung hat das Unternehmen bei institutionellen Investoren 6,4 Millionen Euro für Zukäufe eingesammelt. Seit der vergangenen Woche ist die Aktie zudem am Primärmarkt der Börse Düsseldorf notiert und damit für eine breitere Schicht von Anlegern handelbar.
Auch Georg Kofler ist beteiligt
Größte Gesellschafter bei Synbiotic bisher ist laut einer bei der Börse hinterlegten Gesellschafterliste Borros Capital. Die Firma gehört nach Angaben von Müller zu Angermayer, der weitere Anteile über sein Family Office Apeiron Investment Group hält. Lars Müller gehören der Gesellschafterliste zufolge aktuell knapp zehn Prozent von Synbiotic. Beteiligt ist außerdem die von Ex-ProSieben-Chef Georg Kofler gegründete Investmentholding Social Chain.
Noch bildet Solidmind das Rückgrat des Gesamtunternehmens. Nach der Gründung handelte das Start-up zunächst mit Nahrungsergänzungsmitteln bei Amazon. 2018 übernahm Müller dann die Marke Hempamed, die CBD-Produkte vertreibt. CBD ist eine in der Hanfpflanze enthaltene Substanz, die anders als THC nicht berauschend wirkt – der aber entspannende und schmerzlindernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Der Markt mit den frei verkäuflichen Produkten boomt, obgleich es rechtliche Unsicherheiten gibt. Solidmind wird laut Müller in diesem Jahr mit 37 Mitarbeitern knapp zehn Millionen Euro umsetzen und einen Gewinn machen. Zum Geschäft gehören zwar auch schlaffördernde Nahrungsergänzungsmittel sowie der Online-Marktplatz BioCBD. Die großen Umsatztreiber sind aber die CBD-Öle, -Kapseln und -Pastillen von Hempamed.
„Unsere Kunden sind überwiegend weiblich und im Schnitt 50 Jahre alt“, sagt Müller. Die Marke habe bewusst einen eher nüchtern anmutenden Auftritt. Das soll Hempamed abgrenzen von Wettbewerbern wie der Sanity Group. Das Cannabis-Start-up von Finn Hänsel hatte Anfang des Jahres mit Vaay eine eigene CBD-Marke gegründet und stark in das Marketing investiert. Zielgruppe dort sind aber deutlich jüngere Kunden.
Neuentdeckung von Heilpflanzen
Außer an Solidmind hat sich Synbiotic im Oktober an Greenlight Pharmaceutical beteiligt. Das irische Unternehmen ist auf die Erforschung von Cannabinoiden spezialisiert und untersucht in klinischen Studien deren Wirkung. Namensgeberin für Cannabionoide ist zwar Cannabispflanze. Verwandte Wirkstoffe kommen aber auch in anderen Pflanzen vor. „Wir werden weit über Cannabis hinausgehen“, kündigt Müller an. Ziel sei es, Extrakte auch aus anderen Pflanzen wie etwa Hopfen oder Kakao zu gewinnen und auf dieser Basis neue Nahrungsergänzungsmittel sowie pflanzliche Arzneimittel zu gewinnen. Alle künftigen Produkte sollen entweder bei Schlafstörungen helfen, Schmerzen reduzieren oder durch Stress verursachte Angstzustände lindern. Der Markt sei in der EU mehrere Milliarden Euro schwer, so Müller.
Synbiotic soll nach den Plänen der Gesellschafter künftig die ganze Wertschöpfungskette abbilden. Schließen will das Start-up als erstes die Lücke zwischen Forschung und Vertrieb. Eine weitere Firmenübername ist dazu bereits in der Pipeline: Die ebenfalls von Lars Müller gegründete Firma Lean Labs Pharma soll in Synbiotic aufgehen. Lean Labs arbeitet aktuell als Zulieferbetrieb für Hempamed – und übernimmt die eigentliche Produktion der Öle. Die CBD-Extrakte werden indes bisher noch zugekauft. Künftig soll dieser Prozess, auf den sich auch Dienstleister wie Signature Products spezialisiert haben, intern stattfinden.
Weitere Zukäufe sind bereits in Planung, versichert Müller. „Von einzelnen Forschungsunternehmen in Kanada bis hin zu Food-Start-ups in Deutschland schauen wir uns gerade viel an“, sagt er. Die Übernahmekandidaten lockt er damit, Teil einer schlagkräftigen Firmengruppe zu werden, in der sich viele Synergieeffekte ergeben. So will Synbiotic den Firmen im Portfolio auch Arbeit abnehmen: Bereiche wie der Einkauf, Marketing und ähnliches sollen als interne Dienstleistung angeboten werden. Für den Vertrieb und den Handel hat Synbiotic bereits Cannexo Pharma gegründet. An dem Joint Venture ist auch Rainer Seiler, Ex-Geschäftsführer der Versandapotheken-Gruppe Zur Rose sowie ehemaliger Vertriebsleiter des Generika-Herstellers Ratiopharm, beteiligt.
Weitere Kapitalerhöhungen geplant
Um die ambitionierten Pläne umzusetzen, will das Unternehmen im kommenden Jahr noch mehr Geld an der Börse einsammeln. Ein Risiko für Anleger ist im Wertpapierprospekt der gerade erfolgten Kapitalerhöhung genannt. Dort heißt es: „Die Synbiotic-Gruppe unterliegt erheblichen Risiken aus dem Wettbewerb mit anderen, teils sehr finanzstarken und etablierten Wettbewerbern. Es besteht das Risiko, dass sie sich im Wettbewerb nicht durchsetzen kann.“ Gemeint sein dürften mit der Formulierung vor allem die kanadischen Unternehmen. Gerade erst haben Tilray und Aphria ihren Zusammenschluss angekündigt – sie formen zusammen einen neuen Marktführer mit einem Umsatz von umgerechnet mehr als 560 Millionen Euro Jahresumsatz.
Zwar sind die Firmen bereits in Deutschland und anderen europäischen Ländern vertreten – bisher aber mit einem starken Fokus auf den Markt für medizinisches Cannabis. Synbiotic setzt darauf, nun mit Nahrungsergänzungsmitteln sowie pflanzlichen Arzneimitteln schnell zu wachsen und einen Gegenpol zu den Branchenriesen bilden zu können. „Wir setzen darauf, dass man an uns auf dem europäischen Markt schon bald nicht mehr vorbeikommt“, sagt Müller. Eine mögliche Exit-Strategie nennt er auch schon: „In zwei, drei Jahren wird Synbiotic ein attraktives Übernahmeziel für Firmen wie Aphria sein.“