Der Energiekonzern ist Lead-Investor einer 2,8 Millionen Euro großen Finanzierungsrunde. Das Grazer Start-up will nun das wachsende B2B-Geschäft aufbauen.
Um clevere Marketing-Ideen sind Jan Pannenbäcker und Alexander Schlick nicht verlegen: Vor drei Jahren erhielt Schrott24 den Auftrag, einen ausgemusterten Flieger der belgischen Regierung zu zerlegen. Fürs Pressefoto ließ sich CEO Pannenbäcker mit einer Firmenflagge auf die heruntergeklappte Eingangstür des zerfledderten A310 hieven. Mitgründer Schlick durfte nun vor dem Generator eines Atomkraftwerks posieren: Anfang Oktober teilte das Grazer Start-up mit, Teile des stillgelegten AKWs Mühlheim-Kärlich zu recyceln. 1500 Tonnen und Kupfer sollen dabei abtransportiert werden.
Spektakuläre Großprojekte wie diese sichern dem Start-up mediale Aufmerksamkeit – für das Geschäft ist das elementar: Das Start-up will zur ersten Anlaufstelle für Unternehmen und Privatverbraucher werden, die alte Kabel, ausgemusterte Rohre und ähnliches loswerden wollen. „Klassischerweise hat man sich einfach an den nächstgelegenen Schrotthändler gewendet, der mehr oder weniger den Ankaufpreis diktieren konnte“, sagt Pannenbäcker. Schrott24 verspricht dagegen tagesaktuelle „Bestpreise“ – und kümmert sich bei Bedarf auch um die Abholung.
Fokus auf Firmenkunden
Das Start-up hat sich dazu ein Partnernetzwerk mit Schrotthändlern, Recyclingunternehmen und Logistikern aufgebaut. Die aus dem Schrott gewonnen Rohstoffe werden an Schmelzwerke weiterverkauft. Dank digitaler Prozesse und einem hohen Automatisierungsgrad könne das Grazer Unternehmen besonders effizient arbeiten, sagt der Gründer. „Auf dem Markt wird bisher nahezu alles manuell gemacht – die Digitalisierung hat hier lange nicht stattgefunden.“ Auch volkswirtschaftlich sei das hochgradig ineffizient: Oft gingen wertvolle Rohstoffe verloren, weil Anbieter und Nachfrager nicht zusammenfinden.
Großaufträge haben sich für das 2016 gegründete Start-up zu einem wichtigen Standbein entwickelt: Hatte Schrott24 anfangs Altmetalle vor allem von Privatleuten angekauft, hat sich der Schwerpunkt inzwischen stark auf das Geschäft mit Unternehmen verlagert. Dazu stark beigetragen hatte die Übernahme des Kölner Konkurrenten Metalsale im vergangenen Jahr. Das B2B-Segment wollen die Grazer nun noch ausbauen: Aktuell sucht das Unternehmen vor allem in Deutschland nach passenden Vertriebsmitarbeitern. Auch eine Expansion über den deutschsprachigen Raum hinaus ist geplant. Insgesamt soll das derzeit 18-köpfige Team bis Ende des kommenden Jahres verdoppelt werden.
Wachstumschancen in der Krise
Geld für den Wachstumskurs kommt nun von Statkraft Ventures: Der Wagniskapitalarm des norwegischen Energiekonzerns ist Lead-Investor einer gerade abgeschlossenen Finanzierungsrunde, in der das Start-up insgesamt 2,8 Millionen Euro einsammeln konnte. Beteiligt daran war außerdem bestehende Gesellschafter – darunter der in New York ansässige Frühphaseninvestor FJ Labs sowie Gisbert Rühl, Vorstandschef des Duisburger Stahlhändlers Klöckner. Zuvor hatte sich das Start-up zudem eine millionenschwere EU-Förderung sichern können.
Die Kapitalspritze kommt zu einem Zeitpunkt, in dem der Altmetall-Handel alles andere als rund läuft. Der Grund: Die Industrieproduktion war im Frühjahr coronabedingt stark eingebrochen, womit auch die Nachfrage nach Rohstoffen stark abgesackt. Auch Schrott24 hat das stark zu spüren gekommen, sagt Pannenbäcker. Doch es gebe auch positive Effekte: „Viele der alten Verbindungen in der Branche funktionierten nicht mehr – Metallverarbeiter haben sich deswegen verstärkt nach neuen Quellen umgeguckt.“
Neues Standbein
Mitten in der Coronakrise hat Schrott24 zudem ein neues Geschäftsfeld für sich erschlossen: Seit April lizensiert das Start-up seine Webshop-Software an Altmetallhändler und -recycler. Diese, so das Versprechen, können mit minimalem Aufwand eine eigene Online-Präsenz aufbauen. Man trage so dazu bei, die Branche ins digitale Zeitalter zu holen, sagt Pannenbäcker. Für Schrott24 steigt dadurch zwar potenziell der Wettbewerb beim Metallankauf – angesichts des wachsenden Geschäfts mit Großkunden fällt das aber nicht so stark ins Gewicht. Zudem bindet das Start-up so Unternehmen der Branche an sich. Ihnen sollen künftig auch weitere Dienstleistungen etwa im Logistikbereich angeboten werden.
Der Schritt dürfte zudem dabei helfen, Konkurrenten auf Abstand zu halten. Bereits seit 2018 ist etwa der Recyclingkonzern Alba mit einer B2B-Handelsplattform auf dem Markt unterwegs. Zusammen mit dem Company Builder Mantro baut zudem Thyssen-Krupp derzeit einen digitalen Marktplatz für das Stahl-Recycling auf. Auch der Duisburger Familienkonzern Haniel hatte 2017 mit Remetal einen Online-Altmetallhändler an den Start gebracht, der Schrott bei Privatkunden abholt. Nutzen lässt sich das Angebot aktuell aber nicht mehr – auch wenn die Webseite verspricht: „Wir sind bald zurück.“