Fehlende Ruhe, langsames Internet. Nicht jeder möchte dieser Tage im Homeoffice arbeiten. Coworking-Spaces halten den Betrieb offen – mit Einschränkungen.

Robert Bukvic hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Als in Europa die ersten Fälle von Corona-Infektionen auftauchten, als nach und nach alle Restaurants, Geschäfte, Fitnessstudios, Tierparks und Cafés schließen mussten, stand die Frage im Raum, ob er es wagen könnte, sein Unternehmen offen zu lassen. Bukvic ist Gründer des Coworking-Start-ups Rent24. Er betreibt Büros an 70 verschiedenen Standorten – auf drei Kontinenten.

Zunächst reagierte Bukvic zurückhaltend: „Wir haben unsere Mitarbeiter und Mieter dazu aufgerufen Homeoffice zu machen, doch sofort wurden die ersten Stimmen laut von Menschen, die dazu einfach nicht in der Lage waren. Das kann an einer schwachen WLAN-Verbindung liegen, an den Kindern, die im Haus toben oder an rein psychologischen Gesichtspunkten wie der Angst vor Vereinsamung.“

Erhöhte Sicherheits- und Hygienemaßnahmen

Schließlich entschied er sich dafür die Standorte für diese Personen geöffnet zu lassen – und verstärkte Sicherheitsvorkehrungen zu treffen: Mitarbeiter und Mieter wurden in hygienischem Verhalten und Schutzmaßnahmen unterwiesen, sie müssen einen Sicherheitsabstand einhalten. Begrüßungen mit  Handschlag sind verboten. Meetings dürfen generell nicht mehr abgehalten werden. Reinigungsdienstleistungen an allen Standorten wurden intensiviert und ausgeweitet. Veranstaltungen, die in den Coworking Spaces geplant waren, wurden auf ein Minimum reduziert.

Ähnlich reagiert auch die Konkurrenz: So hat der globale Coworking-Spaces-Anbieter Wework, der in Deutschland an 15 Standorten vertreten ist, nach eigenen Angaben nicht nur Veranstaltungen abgesagt und seine Mitglieder angewiesen einen Abstand von 1,5 Metern zu anderen zu halten, sondern nutzt aus Hygienegründen nur noch Einweg-Geschirr. Das deutsche Unternehmen DesignOffices, das Niederlassungen an rund 35 Standorten in 13 Städten – unter anderem in Hannover, Berlin, Bonn, Karlsruhe und Leipzig unterhält – hat seine Hygiene-Maßnahmen verstärkt. Im zweistündlichen Rhythmus werde an allen Standorten mit Desinfektionsmittel gereinigt, heißt es. Zu schließen kam auch für sie nicht in Frage: „Besonders jetzt geht es für viele Firmen darum möglichst gut arbeitsfähig zu bleiben. Nicht jeder Mitarbeiter hat jedoch zuhause einen geeigneten Raum für Rückzug und konzentriertes Arbeiten, die Möglichkeiten für Videokonferenzen oder die passende Infrastruktur“, sagt Sprecherin Sabine Sauber.

Solidarität unter Mietern und Vermieter

Auch für DesignOffices spielen psychologische Aspekte in die Entscheidung hinein: „Wir wissen von unseren Kunden, dass ihnen der Austausch mit anderen und die schnelle Kommunikation auf Zuruf fehlt, weil es im Homeoffice nur begrenzt abbildbar ist.“

Die Mitglieder scheinen die Entscheidung der Betreiber gegen eine Schließung zu honorieren: Die Solidarität unter Mietern und Vermieter sei groß, sagte Tobias Kollewe, Vorsitzender des Bundesverbands Coworking Deutschland, kürzlich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Viele Nutzer von Coworking-Spaces in Deutschland ließen trotz drohender Schließung der Räume zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie ihre Verträge erstmal weiterlaufen, so Kollewe.

Auch Bukvic will seine Mitglieder langfristig halten. Darum bietet er allen, die auf Grund der Corona-Krise in finanziellen Schwierigkeiten stecken, eine Befreiung von Mitgliedschaft- und Mietzahlungen an: „Wir schauen uns alle Anfragen der Start-ups und Freelancer genau an und bewerten jeden Fall individuell. Dabei betrachten wir  beispielsweise das Geschäftsmodell, um zu verstehen, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf das Unternehmen haben kann. Die Entscheidung über den Umfang der Unterstützung wird in einem gemeinsamen Gespräch getroffen.“

Mietsenkungen könnten in Einzelfällen sogar bis zu 100 Prozent betragen, so Bukvic. Und: Die Ermäßigung muss nach dem festgelegten Zeitraum nicht zurückgezahlt werden.

Die Niederlassungen schließen will er erst auf offizielle Anweisung hin – und solange er und seiner Mitarbeiter in der Lage sind den Mietern einen sicheren Arbeitsplatz anzubieten. Aktuell beobachte er sogar einen Anstieg an Unternehmensanfragen: „So meiden sie langfristige Mietverträge, denn gerade in unsicheren Zeiten wie diesen ist Flexibilität essentiell.“