Das Münchener Start-up mit 53 Mitarbeitern zählt wichtige Online-Versender und Jobrad zu seinen Partnern. Nun wird ein Käufer gesucht.

Gutes Timing, namhafte Partner – und ein stark wachsender Markt: Die Vorzeichen standen gut für LiveCycle. Gegründet 2017, bietet das Münchener Start-up einen Reparaturservice für Fahrräder an. Der Clou: Kunden müssen nicht unbedingt selbst in die Werkstatt rollen – angeboten wird auch ein mobiler Service. Vor allem Unternehmenskunden, die Flotten betreuen und Mitarbeiter-Räder anbieten, sollten von den einheitlichen Leistungen und Preisen in verschiedenen Städten profitieren. Vor einem Jahr hatte das Unternehmen seinen deutschlandweit siebten Standort eröffnet.

Umso überraschender kommt für viele Außenstehende nun die Nachricht, dass LiveCycle vor dem Aus steht. Wie die Sanierungsberatung Pluta mitteilte, befindet sich das Start-up derzeit in einem vorläufigen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Demnach läuft der Geschäftsbetrieb erst einmal weiter. Die Gehälter der 53 Mitarbeiter seien vorerst durch das sogenannte Insolvenzgeld, das die Bundesagentur für Arbeit zahlt, gesichert. Doch die Uhr tickt: Möglichst schnell soll nun ein Investor gefunden werden, der das Unternehmen übernimmt.

„Es gab schon Sommer Gespräche mit neuen strategischen Investoren“, sagt LiveCycle-Geschäftsführer Andre Schmidt im Gespräch mit WirtschaftsWoche Gründer. „Leider haben wir es aber nicht rechtzeitig geschafft, tatsächlich eine Finanzierungsrunde auf die Beine zu stellen.“ Gewinn macht das junge Unternehmen noch nicht – 2018 stand laut Handelsregister ein Fehlbetrag von 1,4 Millionen Euro. Initial hatten ein Business Angel und der in Baunach bei Bamberg ansässige Fahrrad-Großhändler Messingschlager in das Start-up investiert.

Service fürs online gekaufte Fahrrad

Seither hat LiveCycle wichtige Kooperationen geschlossen. Zusammen mit dem Leasinganbieter Jobrad bietet das Start-up etwa Inspektionen für Mitarbeiter-Fahrräder an. Und wer beim Online-Versandhändler Rose, dem Portal Fahrrad.de oder bei der Koblenzer Fahrradschmiede Canyon ein Fahrrad bestellt, kann diese von LiveCycle aufbauen und anpassen lassen. Die Idee: Der Käufer bekommt denselben Service und eine ebenso fachgerechte Einführung wie im lokalen Fahrradgeschäft.

Gründer Schmidt ist von dem Konzept nach wie vor überzeugt. „Besonders beim Kauf von E-Bikes ist der Bedarf nach Serviceleistungen groß“, sagt er. Und zunehmend wächst der Marktanteil des Versandhandels. Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands lag er 2018 bereits bei knapp einem Viertel. Die Kooperation sei eine „wichtige, strategische Erweiterung unseres Geschäftsmodells“, hieß es vor knapp zwei Jahren bei Rose in Bocholt. Man könne so Kunden gewinnen, die bislang beim Online-Fahrradkauf verunsichert waren.

Zaghafte Kooperationsparnter

Offenbar lief das Geschäft mit den Partnern aber nicht wie erhofft. Ivo-Meinert Willrodt von der Sanierungsberatung Pluta sieht daran den wesentlichen Grund für die Insolvenz. „Zum Teil hat es schon lange gedauert, bis auf der Homepage ein Link gesetzt wurde“, er. „Die Unternehmen waren zudem nicht bereit, sich auf feste Budgets festzulegen.“ Bedeutet: LiveCycle hatte wenig Planungssicherheit, musste aber Kapazitäten vorhalten.

Willrodt setzt nun darauf, vor der Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens einen Investor für einen sogenannten Asset Deal zu gewinnen. Dabei werden ausgewählte Vermögensgegenstände wie die Markenrechte übertragen, während die Schulden mit der alten Gesellschaft abgewickelt werden. Als mögliche Käufer nennt er „bisherige Kooperationspartner, auf den Mobilitätssektor spezialisierte Großinvestoren und Mitbewerber“.

Konkurrenz aus den Niederlanden

Der Kreis der direkten Konkurrenten von LiveCycle ist indes überschaubar. Zwar gibt es auf lokaler Ebene eine ganze Reihe mobiler Fahrradwerkstätten. Doch nur wenige sind in mehreren Städten aktiv. Zu den ambitioniertesten Anbietern gehört Get Bike Service aus den Niederlanden. Das Start-up ist seit einem Jahr auch in Deutschland vertreten, hinzu kommen Niederlassungen in Frankreich und Dänemark. Die Dienstleistungen – und viele der Partnerunternehmen – entsprechen denen von LiveCycle.

Allerdings stellt sich das Unternehmen schlanker auf: Statt alle mobilen Werkstätten selbst zu betreiben, wirbt das Start-up auf seiner Homepage um Leasingnehmer. Für Nachfragen von WirtschaftsWoche Gründer war Get Bike Services zunächst nicht erreichbar. Vor einem Jahr hatte Gründer Ward Grootjans indes anklingen lassen, dass auch er mit der Akzeptanz am Markt nur bedingt zufrieden ist. „Das Konzept kommt für viele fast noch ein bisschen zu früh“, sagte er damals.