Mit Aedifion und Kugu konnten gerade zwei Proptechs, die mit Datenanalysen die Energieeffizienz steigern wollen, neue Investoren gewinnen.
Übersteuerte Klimaanlagen, ineffiziente Ölheizungen – und eine unzureichende Dämmung: Der Immobiliensektor ist das große Sorgenkind, wenn es um die Energiewende geht. Anders als im Stromsystem, wo Windkraft und Photovoltaik für sinkende Emissionen sorgen, wächst der CO2-Austoß von Gebäuden, warnte der Thinktank Agora Energiewende kürzlich. Auch die Bundesregierung ist alarmiert: Das Ziel eines klimaneutralen Gebäudestands bis 2050 scheint kaum erreichbar, wird aktuell doch 35 Prozent der gesamten Endenergie in Immobilien verbraucht.
Der Befund ruft eine wachsende Zahl von Start-ups auf den Plan, die mit technischen Mitteln für eine höhere Energieeffizienz sorgen wollen. Und zunehmend stoßen sie auf aufgeschlossene Kapitalgeber. So melden in dieser Woche mit Aedifion und Kugu gleich zwei junge Unternehmen den Abschluss einer Finanzierungsrunde. Beide wollen mit Datenanalysen vor allem die Steuerung von Heizungsanlagen optimieren – bearbeiten dabei aber unterschiedliche Segmente.
Anlagensteuerung aus der Cloud
Auf Bürogebäude, Einkaufszentren und andere große Gewerbeimmobilien zielt Aedifion mit Sitz in Köln. Entstanden als Spin-Off der RWTH Aachen, haben die Gründer eine Cloud-Plattform entwickelt, die bestehende Gebäudeautomations-Technik ergänzt. Dazu wird im Gebäude ein kleiner Industrie-Computer installiert, der Daten bereits vorhandener Anlagentechnik abgreift. Dazu zählen etwa Heizungs-, Klima und Lüftungssysteme. Die Software sucht nach Ineffizienzen und optimiert die Steuerung von Anlagen. Auch externe Daten wie Wetterprognosen oder Öffnungszeiten der Gebäude können integriert werden.
„In einem Einkaufszentrum hat unsere Software beispielsweise automatisch festgestellt, dass die Klimaanlagen im Dauerbetrieb sind, unabhängig von Öffnungs- oder Tageszeiten“, sagt Aedifon-Geschäftsführer Felix Dorner. Auch defekte Temperaturfühler und andere Abweichungen vom Sollwert kann die Software aufspüren. Aktuell hat das Start-up 45 Gebäudekomplexe an seine Plattform angeschlossen, zu den Kunden zählt neben anderen die Messe Frankfurt. Kooperationen bestehen auch mit Herstellern aus dem Bereich der Gebäudetechnik, die die Lösung unter eigenem Namen nutzen und vertreiben.
„Unsere Software rentiert sich extrem schnell“, sagt Dorner. „Bei großen Gewerbeimmobilien sind Energiekosten ein riesiger Kostenblock“. Zwar böten auch große Hersteller von Automatisierungstechnik Optimierungen an – verlangten dafür ein Vielfaches. Aktuell arbeiten 15 Vollzeitkräfte bei dem 2017 gegründeten Start-up, nun soll vor allem der Vertrieb ausgebaut werden. Ein Millionenbetrag für die Pläne kommt von drei Business Angels sowie Bitstone Capital, einer VC-Tochter der Immobilien-Investmentfirma Art-Invest Real Estate.
Transparenz durch vernetze Heizungszähler
Ebenfalls eine siebenstellige Summe hat gerade Kugu eingesammelt. Die Investoren dort sind das Family Office Wecken & Cie., die IBB Beteiligungsgesellschaft, der Company Builder High Rise Ventures und der Accelerator Eon Agile. Das Berliner Proptech versteht sich ebenfalls als Software-Start-up, das mit seiner Lösung zu einer effizienteren Steuerung von Heizungsanlagen beitragen will – richtet sich dabei aber an den Wohnungsmarkt.
Kugu setzt bei vernetzten Heizungszählern an: Anhand der Daten wird ermittelt, wie die Heizungsanlage idealerweise gesteuert wird. Angepasst werden soll das mit den ohnehin fälligen jährlichen Wartungen. Den Wohnungsverwaltungen wird zudem aufgezeigt, in welchen Gebäuden sich Investitionen in neue Fenster oder eine bessere Dämmung des Dachs lohnen würden. „Bei unseren Pilotkunden konnten wir bereits Energieeinsparungen von zehn bis 15 Prozent realisieren“, sagt Kugu-Mitgründer Christopher von Gumppenberg. Das Start-up hat zudem eine App für Mieter im Portfolio, die kontinuierlich den Energieverbauch in der Wohnung analysiert.
Überzeugungsarbeit nötig
Die große Herausforderung für das Start-up: Für Eigentümer von Wohnimmobilien ist der Anreiz, in Energieeffizienz zu investieren, vergleichsweise gering. Denn sie legen die Kosten ohnehin auf ihre Mieter um. Kugu setzt zum einen darauf, dass die Klimabilanz zunehmend zu einem Imagefaktor für Immobilienunternehmen wird. Zum anderen verspricht das Start-up handfeste wirtschaftliche Vorteile: „Mit unserer Lösung können sich die Verwalter von Mess-Dienstleistern, die Heizungen ablesen die Kostenabrechnungen machen, unabhängig machen.“
Bisher dominieren wenige Unternehmen den Markt – darunter Ista, Techem und Brunata. Kunden beklagten sich oft über späte und fehlerhafte Abrechnungen, sagt von Gumppenberg. Die Software von Kugu versetze die Wohnungsverwalter in die Lage, die Abrechnungen in wenigen Minuten selbst zu machen. Die Kosten werden weiterhin auf die Mieter umgelegt – die Einnahmen landen dann aber beim Verwalter selbst statt bei einem Dienstleister.
Außer auf den Direktvertrieb an Immobiliengesellschaften setzt das Berliner Proptech auch auf Partnerschaften mit anderen Unternehmen. Ähnlich wie bei Aedifion gibt es ebenfalls eine Whitelabel-Lösung, die die Eon-Tochter Edis bereits nutzt. Hinzu kommen Kooperationen mit anderen Start-ups – etwa mit Casavi, einer Plattform für Hausverwaltungen und Wohnungsunternehmen.