Wie können die Start-ups in Europa besser werden? Die Vorstände von Zalando und Home24 machten dazu auf der CeBIT konkrete Vorschläge.
Ganz schlecht ist es um die europäische Start-up-Landschaft ja nicht bestellt. Gerade erst haben deutsche Gründer bei der vielleicht wichtigsten Digitalmesse SXSW im texanischen Austin für Aufsehen gesorgt. Und so setzen auch die renommierten US-Geldgeber immer öfter auf europäische Jungunternehmen.
EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hat also nicht ganz Unrecht, als er auf der CeBIT erklärte: „Wir befinden uns mitten in der Aufholjagd.“ Über das Tempo und den aufzuholenden Abstand kann man freilich trefflich streiten. Ebenso über die Punkte, die sich in Europa für eine erfolgreiche Aufholjagd ändern müssen. In einer Diskussionsrunde versuchten unter anderem Zalando-Vorstand Rubin Ritter und Philipp Kreibohm, Vorstand bei Home24, Antworten darauf zu finden.
„Man kann heute im jungen Alter dank der Technologien auch mit relativ wenig Geld die Welt verändern“, ermunterte Kreibohm die anwesenden Gründer. Auch Ritter forderte, Erfolge stärker zu feiern und kritisierte die europäische und vor allem deutsche Fokussierung auf Risiken und Misserfolge. Die Zalando-Gründer seien das beste Beispiel: Sie hätten zuvor zwei andere Unternehmen gegründet, die keinen Erfolg hatten. „Wir müssen alle Gescheiterten zum Weitermachen ermuntern“, sagte Ritter, „denn darunter sind oft die besten Unternehmer“.
Damit die so motivierten Gründer auch tatsächlich erfolgreiche Unternehmen starten können, müsse sich vor allem bei der Bildung noch einiges tun. „Wo ist das europäische Stanford?“, fragte Kreibohm und forderte eine stärkere Verschränkung von Technologie und Wirtschaft in der Hochschulausbildung. Auch der Zalando-Vorstand wünscht sich die stärkere Vermittlung von IT-Grundlagen. „Das wichtigste, das ich an der Schule und Uni nicht gelernt habe, war wie ein Computer funktioniert“, bemängelte Ritter.
Als dritten Punkt verlangten sie einen pragmatischeren Ansatz im Umgang mit Daten. Die Kunden sollten entscheiden, welche ihrer Daten Unternehmen nutzen dürfen. Dazu kommt die generelle Zersplitterung bürokratischer Hürden. „Start-ups in den USA brauchen sich nicht mit unterschiedlichen Regeln in jedem Bundesstaat auseinandersetzen“, hatte auch Oettinger gesagt und für eine schnelle Umsetzung des europäischen Binnenmarktes plädiert. Bei den Start-ups rennt er damit offene Türen ein. Kreibohm berichtete von lokalen Ökosteuern in Frankreich, die bei dem Unternehmen für seine Möbel anfallen: „Das ist ein administrativer Alptraum.“
Doch es sind nicht nur nationale Eigenheiten und Interessen, die europäische Start-ups bremsen. Auch der Standortwettbewerb innerhalb der Länder ist nicht immer hilfreich. So wie sich hierzulande Hamburg, München oder Frankfurt gern über die Berliner Dominanz ärgern und einzelne Bundesländer mit eigenen Start-up-Programmen konkurrieren ist es auch in anderen Ländern. „Selbst innerhalb von Belgien streiten Städte, wer beispielsweise der beste Fintech-Standort ist“, berichtete Karen Boers, Mitgründerin des European Startup Network. „Es ist sehr gefährlich, wenn wir die Standorte auf immer niedrigerem Level miteinander in Wettbewerb treten“, sagte Boers. Im Wettbewerb mit dem Silicon Valley wäre mehr Kooperation deutlich hilfreicher.