Das Berliner Start-up hilft Unternehmen, wertvolles Kunden-Feedback einzusammeln und auszuwerten. Die Corona-Krise bremst das Wachstum kaum.
Die bevorzugte Zahlungsart wurde nicht angeboten, die Lieferung war zu langsam, die Warteschlange in der Hotline zu lang: Die Gründe für Frust beim Onlinekauf sind vielfältig – doch den Shop-Betreibern bleiben sie oft verborgen, weil sich Kunden einfach schweigend abwenden. Die Mission von Björn Kolbmüller, Paul Schwarzenholz und Lukasz Lazewski ist es, den stillen Ärger in konstruktive Kritik zu verwandeln. Das Mittel: Mit ihrem Start-up Zenloop stellen sie Unternehmen eine Software zur Verfügung, mit dem diese über kompakte Umfragen eine Rückmeldung der Kunden einholen können. Zenloop gibt an, dass typischerweise jeder Vierte bis Dritte zu einem Feedback animiert wird.
Ein Schlüssel für die vergleichsweise hohe Antwortrate: Kunden werden dazu aufgefordert, nur zwei Fragen zu beantworten. Zunächst geben sie auf einer Skala von 0 bis 10 an, wie wahrscheinlich es ist, dass sie das Unternehmen weiterempfehlen. Dann werden sie nach dem Grund für ihre Note gefragt, wobei die Antwort statt über lange Auswahlmenüs einfach in ein Freitextfeld eingegeben wird. „Darin liegen die eigentlichen Insights“, sagt Zenloop-Mitgründer Kolbmüller. „Manchmal hinterlassen Kunden nur ein Stichwort, manchmal schreiben sie ganze Briefe in das Feld.“ Die Leistung der Software liegt darin, die Kommentare automatisiert auszuwerten, zusammenzufassen und daraus übersichtliche Berichte mit Handlungsempfehlungen für den Shop-Betreiber zu erstellen.
Hervorgegangen ist die Plattform aus einem Projekt bei Flaconi – einer Online-Parfümerie, die Kolbmüller und Schwarzenholz 2010 aufgebaut hatten. „Wir waren nach dem Start damals extrem frustriert, weil nur ein Bruchteil unserer Kunden ein zweites Mal bestellt hat“, sagt Kolbmüller. „Erst durch Befragungen haben wir herausgefunden, warum Kunden nicht zurückkommen.“ Anfangs sei das Feedback noch händisch ausgewertet worden. Irgendwann gab es über 2.500 Kommentare täglich – und der manuelle Aufwand für die Mitarbeiter im Kundenservice wurde zu groß. Nachdem die Gründer Flaconi an ProSiebenSat.1 verkauft hatte, gründeten sie 2016 Zenloop, um an einer Automatisierung der Auswertungen mittels Künstlicher Intelligenz (KI) zu arbeiten.
6,1 Millionen Euro von Investoren
Heute zählt Zenloop eine dreistellige Anzahl von Kunden, darunter sind prominente Namen. Der Online-Optiker Misterspex steht genauso auf der Liste der Referenzkunden wie die Buchhandelskette Thalia, der Zalando-Konkurrent About You und die der Schuhhändler Deichmann. Nach eigenen Angaben gehört das Start-up mit seiner „Customer Experience Plattform“ zu den Markführern in Deutschland. Konkurrent Qualtrics war im Herbst 2018 vom Softwareriesen SAP übernommen worden, für acht Milliarden Dollar. Und Medallia aus San Francisco gelang vor einem Jahr ein milliardenschwerer Börsengang – und hat abermals das Augenmerk von Investoren auf das vermeintliche Nischenthema gelenkt.
Auch Zenloop kann sich nicht über ein mangelndes Interesse von Geldgebern beklagen. Vor gut einem Jahr hatte das Start-up Nauta Capital und Piton Capital für sich gewonnen. Nun beteiligten sich die Risikokapitalgeber erneut an einer 6,1 Millionen Euro schweren Finanzierungsrunde des Start-ups. Neu eingestiegen ist Signals Venture Capital. Der Berliner VC-Fonds war 2017 von der Versicherungsgruppe Signal Iduna aufgelegt worden. Dass der Abschluss der Finanzierungsrunde trotz Corona-Krise zustande kam, ist keine Selbstverständlichkeit: B2B-Start-ups beklagten zuletzt reihenweise, dass Investoren Gespräche verschieben oder ganz absagen.
Vorstoß Richtung Call-Center
Die Corona-Krise hat Zenloop bisher nur milde getroffen. Zwar habe es Neukunden gegeben, die die Einführung der Software zunächst zurückgestellt hätten, sagt Kolbmüller. „Auf der anderen Seite gab es aber keine Vertragsstornierungen, selbst Kunden aus dem gebeutelten Reisebereich sind uns treu geblieben.“ Gerade jetzt sei es für Unternehmen wichtig, in die Kundenpflege zu investieren – für ausschweifende Marketingkampagnen sei aktuell vielfach kein Geld vorhanden.
Zenloop selbst will nun kräftig investieren, um sein Geschäft weiter zu internationalisieren. Dazu will das aktuell 50 Mitarbeiter große Start-up das Team am Hauptsitz in Berlin vergrößern. Auch technisch soll die Plattform weiterentwickelt werden. Ein Schwerpunkt dabei sind weitere Integrationen zu bestehenden Softwaresystemen der Kunden. „Das Ziel ist, unsere Plattform plug and play für möglichst viele Branchen anzubieten“, sagt Kolbmüller. Bereits jetzt werde das Tool auch von Dienstleistern wie Banken und Energieanbietern genutzt. Auch im stationären Handel ist Zenloop vertreten: Kunden hinterlassen dann ihr Feedback an einem Tablet im Laden, scannen dort mit ihrem Smartphone einen QR-Code oder erhalten nach dem Besuch eine E-Mail. Ebenfalls auf der Roadmap des Start-ups steht eine Spracherkennung. Die Software könnte dann auch in Call-Centern genutzt werden.