Kinder sind längst nicht mehr nur Bereicherung für die Gesellschaft, sie sind ein Wirtschaftsfaktor. Das haben auch Start-ups erkannt – und setzen auf das Geschäft mit Babys und Kindern.
45 und 70.250 – diese Zahlen hat Gerd Hirsch in diesen Tagen genau vor Augen. 45 Tage bleiben ihm noch, um auf der Crowdfundingplattform Seedmatch 70.250 Euro zu sammeln. Der Unternehmer präsentiert dort zusammen mit seiner Ehefrau und zwei weiteren Partnern sein Startup Kidisto und die Investoren sollen in den nächsten Wochen entscheiden: Ist Deutschlands erster Shoppingclub für Kinderprodukte 200.000 Euro wert?
Eltern finden dort Labels aus aller Welt, von Gant über Converse und Jack Wolfskin bis hin zu Lego und Steiff, von Kleidung über Spielsachen bis hin zu Brillen – jeden Tag neu und, so das Versprechen, teilweise bis zu 80 Prozent günstiger als der Durchschnittspreis. Kaufen können dort nur angemeldete Mitglieder und das auch nur solange das jeweilige Angebot gilt. 91 Investoren haben bisher 129.750 Euro in die Idee gesteckt.
Hirsch ist kein Neuling in Sachen Start-ups. Er hat vor einigen Jahren die Seite notebooksguenstiger.de gegründet und sie nach zehn Jahren erfolgreich verkauft. Im Sommer 2013 startete er zusammen mit seiner Frau und zwei weiteren Partnern Kidisto. 250.000 Euro an eigenem Geld investierten die vier bereits und wollen nun mit der neuen Finanzierungsrunde auf Seedmatch Geld sammeln, um den Webshop zu optimieren und mobile Shoppingapps zu schaffen. Gerd Hirsch ist überzeugt davon, dass der Markt für Kinder und Babyprodukte die nächste boomende Branche ist.
Mit dieser Einschätzung ist er nicht alleine: Auch Experten sagen dem Markt eine große Zukunft voraus. Laut Institut für Handelsforschung in Köln wurden im Jahr 2013 6,5 Milliarden Euro für Baby- und Kinderausstattung, wie Kleidung, Autositze, Kinderwagen, Schuhe und Möbel, ausgegeben, das sind pro Kind unter 13 Jahren 733 Euro – Verbrauchsmaterial wie Windeln und Nahrung nicht mitgerechnet. Eine Erstausstattung lassen sich Eltern im Durchschnitt sogar 1400 Euro kosten.
„Zwar stagniert die Geburtenrate, doch gleichzeitig nehmen die Durchschnittsausgaben pro Kind zu“, sagt Hansjürgen Heinick vom IFH, „vor allem im Internet wird mehr und mehr umgesetzt, es gibt eine Verschiebung vom Offline- zum Onlinehandel – das ist für die meisten Eltern einfach bequemer.“ Das IFH geht davon aus, dass der Online-Anteil in den kommenden fünf Jahren von 20 Prozent auf 27 Prozent steigen wird.
Das motiviert viele Gründer. Im Internet findet man mittlerweile Start-ups für Kindermöbel, für teure Designermode, für nachhaltige Accessoires, für Spieluhren – und für gesunde Kindersnacks. Das Start-up Erdbär bietet ernährungsbewussten Eltern und ihrem Nachwuchs Gemüse zum Naschen an. Dafür sammelte es per Crowdfunding 250.000 Euro in nur neun Stunden und 16 Minuten ein.