Die Start-up-Szene in Deutschland boomt. Zahlreiche Städte und Regionen werben um Gründer – und suchen nach den eigenen Stärken.
Mit Hornbrille, Hemd und Coffe-to-Go-Becher am Laptop die Welt verändern – seit Facebook und Co. ranken sich um Start-up-Gründer viele Klischees. Als jung, dynamisch und hip gilt die Szene. Jung, dynamisch und hip müssen daher auch die Orte sein, an denen sie sich niederlässt. In Deutschland bringt man damit vor allem Berlin in Verbindung. Doch auch andere Städte und Regionen geben sich immer mehr Mühe beim Buhlen um kreative Köpfe.
„Für die kleinen und mittleren Städte jenseits der großen Start-up-Hochburgen ist es natürlich eine Frage der Attraktivität“, sagt Gründungsexperte Martin Kamprath, Manager für das Ausgründungsprogramm „Helmholtz Enterprise“ bei der Helmholtz-Gemeinschaft. „Wie kann man junge, motivierte Menschen hier halten und gleichzeitig die regionale Wirtschaft mit Innovationen stärken?“
Bei der Antwort auf diese Frage setzen auch die Großen auf Förderprogramme und Kooperationen mit Unis – sowie auf die Pflege des eigenen Start-up-Images. Die Wirtschaftsbehörde Hamburg etwa verweist auf zahlreiche Acceleratoren, Inkubatoren und Coworking-Spaces, die sich in der Hansestadt fänden. Die Begriffe bezeichnen Einrichtungen und Unterstützer, in und mit denen sich Gründer vernetzen und beraten lassen können.
In Köln wiederum wird heute ebenfalls der Grundstein für ein solches Coworking-Space gelegt, ein Bürogebäude, in dem sich Start-up-Unternehmer Arbeitsräume mieten und sich austauschen sollen. Bauherr ist das Kölner Start-up Fond of, das vor allem für seine modischen und nachhaltigen Rucksäcke und Schulranzen bekannt ist.
Offene Räume sowie Freizeit- und Entspannungsmöglichkeiten wie Kicker und Tischtennis sollen für einen Hauch Silicon Valley im Kölner Stadtteil Ehrenfeld sorgen. Die Start-up-Szene im gesamten Bundesland vernetzt sich dabei immer enger. Das Land NRW wiederum will mit Gründerstipendium und einer vernetzteren Hochschullandschaft attraktiv für Gründer werden.
„Da ist natürlich auch unheimlich viel Klischee dabei, dass man als Start-up in so einer Umgebung zu sein hat“, sagt Helmholtz-Gründundsexperte Kamprath. Viele Wagniskapitalgeber würden inzwischen angeben, Gründern von einer solchen Umgebung abzuraten. „Da ist die Gefahr von sehr viel Ablenkung“, sagt Kamprath. „Man kann sich eben auch totvernetzen. Irgendwann muss man anfangen sich zu fokussieren und die Dinge umzusetzen.“ Auf der anderen Seite böten solche Räume Platz, um vergleichsweise günstig mit kurzfristigen Mietverträgen am eigenen Erfolg zu arbeiten. „Man kann also nicht pauschal sagen, das ist gut oder schlecht.“
Zudem tut den Städten und Regionen unrecht, wer behauptet, sie kümmerten sich vor allem um ihren Ruf bei Laptop-Latte-Macchiato-Gründern. Co-Working-Spaces und Inkubatoren sind stets nur Teil eines Gesamtpakets aus Fördergeldern, Beratung und Stärkung des wissenschaftlichen Umfelds.