Der britische Fintech-Darling Powa hat Insolvenz angemeldet. Otto hatte gerade eine strategische Partnerschaft und Beteiligung angekündigt – daraus wird nun wohl nichts. 

Das Timing war extrem ungünstig. Mitte Januar gab die Otto Gruppe eine „strategische Partnerschaft“ mit dem britischen Start-up Powa Technologie bekannt. Das Londoner Fintech-Unternehmen galt als Vorzeige-Start-up: Die Bewertung lag bei 2,7 Milliarden Dollar und selbst Premierminister David Cameron hatte es schon als führendes Tech-Unternehmen des Landes gefeiert.

Powa-Chef Dan Wagner verglich sich in der „Financial Time“ schon mal mit John Rockefeller, denn er baue das  größte Tech-Unternehmen seit Menschengedanken. Powa sollte „den Einzelhandel neu erfinden“, dabei ist die Technologie mittelrevolutionär: Das Unternehmen wollte ursprünglich wie Square, iZettle oder Payleven einen Aufsatz für Smartphones entwickeln, um Kreditkarten lesen zu können. Inzwischen setzt es auf so genannte PowaTags: Damit sollen Kunden direkt per Handy so einfach wie möglich Produkte kaufen können, etwa indem sie QR-Codes scannen oder wie die Musikerkennung Shazam einen Werbespot erkennen.

„PowaTag ist eine überaus intelligente Lösung, da sie mobile Endgeräte zu einem ganzheitlichen Shopping-Instrument macht“, lobte Hanjo Schneider, Konzern-Vorstand Service der Otto Group. Gemeinsam wollte man auch für den deutschen Markt besondere Kundenerlebnisse schaffen. Zudem hatte Otto erklärt, man beteilige sich im Zuge der Kooperation mit einem Anteil von unter zehn Prozent. Nachdem das eigene Mobile-Payment-System Yapital gescheitert war, schien PowaTag eine Alternative.

Otto legt Projekt mit Powa auf Eis

Doch zum Zeitpunkt der Otto-Ankündigung kriselte es bereits mächtig. So musste Powa-Chef Dan Wagner bereits Ende letzten Jahres intern Zahlungsschwierigkeiten einräumen, die Rechnungen von Zulieferern wurden nicht mehr beglichen. Im Januar blieben dann auch die Löhne der Mitarbeiter aus. Man sei noch „pre-revenue“ erklärte Wagner kleinlaut, doch neues Geld von Investor Wellington Management, der 177 Millionen Dollar in das Start-up gesteckt hatte, gab es nicht. Vergangenen Freitag musste Powa Technologies daher Insolvenz anmelden: Das Start-up verfügte nur noch über 250 000 Dollar.

Was bedeutet das nun für Otto? „Wir sind finanziell nicht betroffen“, erklärt ein  Konzernsprecher auf Anfrage. Die angestrebte Beteiligung war noch nicht fix und sollte erst nach der Anbindung von Otto-Marken wie Bonprix, Crate and Barrel und Otto über eine Art Optionsmodell erfolgen. Im Klartext: Otto sollte für Powa-Nutzer sorgen und dafür Zugriff auf Anteile am Unternehmen erhalten. Nach der Insolvenz sei das Projekt zunächst auf Eis gelegt worden, heißt bei Otto dazu.

Trotzdem könnte die Idee einer Vertriebskooperation womöglich wieder aufleben. Deloitte hat die Verwaltung des Unternehmens übernommen. Thompson Investments will Powa Technologies übernehmen. Womöglich hat Otto mit dem Timing doch noch Glück gehabt.

Mitarbeit: Henryk Hielscher