Herr Gadowski, Sie haben Spreadshirt gegründet und in Mymuesli investiert. Sind Sie ein Fan von personalisierbaren Produkten?
Nein. Ich bin ziemlich skeptisch gegenüber den ganzen Mass-Customization-Ideen, die ich im Moment so auf den Tisch bekomme.
Aber viele Startups setzen auf den Trend…
Das stimmt – aber nur wenige werden am Ende wirklich Erfolg damit haben.
Wovon hängt der Erfolg ab?
Wichtig ist in erster Linie, ob der Kunde von einem personalisierten Produkt tatsächlich profitiert – entweder, weil er es selber braucht, oder zumindest, weil er es gut verschenken kann. Aber bei vielen Produkten ist der Kundennutzen an den Haaren herbeigezogen.
Zum Beispiel?
Was bringt Sprudelwasser mit individualisierten Etiketten meiner Firma – außer, dass es meine Marke verwässert? Ist Saft wirklich ein Produkt, welches man Online bestellt?

Lukasz Gadowski
hat in Paderborn, Mannheim und Leipzig studiert und gründete im Jahr 2002 das Unternehmen Spreadshirt. Außerdem war er unter anderem Mitgründer des Social Networks “StudiVZ”. Seit 2007 ist er als Business Angel aktiv und hat Team Europe Ventures aufgebaut, das sich an der Neugründung von Internet-Unternehmen beteiligt.
Gadowski bloggt unter: www.lukaszgadowski.com
Worauf kommt es noch an?
Selbst wenn die Produkte für sich genommen nützlich sind, garantiert das nicht unbedingt den Erfolg. Viele Kunden probieren zwar gerne mal etwas aus, aber entscheidend ist, ob sie danach noch ein zweites Mal bestellen. Bei individuellen Handyschalen, personalisierten Skiern oder selbst gemixten Parfüms ist die Wiederkaufrate gering, zumal solche Produkte ohnehin nur wenige Leute ansprechen. Ganz im Gegensatz zu T-Shirts oder Müsli, für die es nicht nur viele Abnehmer, sondern auch hohe Wiederkaufraten gibt.
Aber macht es nicht Spaß, sein eigenes Parfum zu mischen und herauszufinden, wie es duftet – oder eine individuelle Schokolade zu kreieren?
People like customization, but they don’t like to customize. Auf Deutsch: Die Menschen mögen zwar personalisierte Produkte, aber sie tun sich schwer damit, diese zu gestalten. Viele sind gar nicht so kreativ, können sich unter den Zutaten wenig vorstellen und mischen am Ende irgendeinen Quatsch ins Parfüm oder in den Tee.
Was bedeutet das für Startups, die personalisierbare Produkte anbieten?
Sie müssen den Kunden einen einfachen Generator zur Verfügung stellen und sie an der Hand nehmen. Im Lebensmittelbereich müssen sie ein paar leckere Grundsubstanzen anbieten und Zutaten-Kombinationen ausschließen, damit den Kunden die Auswahl leicht fällt und ihnen das Ergebnis am Ende wirklich schmeckt.
Also doch mehr oder weniger einheitliche Produkte, die sich nur in Details unterscheiden?
Ja. Wer Erfolg haben will, sollte die Kunden über individualisierbare Produkte neugierig machen und ihnen dann Massenware verkaufen.
Wie wichtig ist es, als erster mit einem personalisierbaren Produkt auf den Markt zu kommen, bevor ein Konkurrent mit einem ähnlichen Angebot antritt?
Der erste zu sein ist nicht so wichtig. Entscheidend ist, ob man es richtig gut macht, eine zum Unternehmen passende Story liefert und geschicktes Marketing betreibt. Mymuesli hat das zum Beispiel geschafft – wer die kopieren will, wird es deswegen sehr schwer haben.
Herr Gadowski, vielen Dank für das Gespräch.
wiwo-leser
recht hat er! manche Dinge sollte man auch einfach den Leuten überlassen, die sich damit auskennen! Man muss schon etwas genauer hingucken, wo selber machen Sinn macht – ich habe mir mal einen Kaffee online erstellt (sonntagmorgen.com), lauter Zutaten, die in meiner Vorstellung unheimlich lecker schienen, nur leider war die Kombination dann nicht wirklich gelungen (dafür kann der Anbieter nichts, ich habe die Mischung ja erstellt, aber ich mache das trotzdem nicht nochmal), das ist sicher auch der große Vorteil von Muesli (mymuesli.com), man weiß einfach, ob man Haferflocken mit Banane mag oder nicht und wenn man mal Blaubeeren dazu probieren möchte, ist die Erfolgsquote eher hoch, und falls doch nicht kann man die Blaubeere auch aussortieren und muss nicht die ganze Packung entsorgen, individualisierte Schokolade ist ein super Gimmick als Spassgeschenk (chocri.de), aber nach einem Mal ist das Thema m.E. durch, wenn man ehrlich ist, isst kein Mensch Schokolade mit Gummibärchen wirklich gerne (oder etwa doch?), der Pralinenclub hat dagegen vorgemacht, dass es viele Leute gibt, die regelmäßig Pralinen essen, die einzelne Praline schmeckt immer gleich gut, so dass das Zutatenproblem nicht besteht, wenn man eine Packung zusammen stellt (pralimio.de), bei Parfum finde ich die Hürde einfach extrem hoch (myparfuem.com), ich tue mich im Duft-Shop schon schwer die Düfte zu beurteilen, am Bildschirm übersteigt das mein Vorstellungsvermögen bei Weitem, wie man frischen Saft einzeln deutschlandweit verschicken kann verstehe ich bis heute nicht, lasse mich aber gerne belehren (saftfabrik.de).
Tapeten finde ich auch eine sehr gute Idee, aber mein Eindruck ist, dass das ziemlich teuer ist, zu Fotoalben braucht man glaube ich nichts mehr zu sagen.
Fazit: es wird sicher auch weiterhin gute Ideen mit einem echten Nutzen geben, für mich gehören T-Shirts, Muesli, Geschenke wie Fotoalben oder Pralinen klar dazu, am Ende des Tages vermute ich, dass die Entwicklung dahin gehen wird, dass der Kunde über das www in vielen Bereichen, in denen die Produkte individuell geliefert werden, in den Produktionsprozess “eingreifen” kann, genau so wie ich mein Paket tracken oder die Konfiguration meines Autos noch kurz vor dessen Produktion verändern kann, werde ich dann einen Teil des Etiketts oder die Farbe oder Zusammensetzung des Produktes beeinflussen können – es gibt einfach Produkte bei denen das Sinn macht und viele, bei denen man das besser den Profis überlässt.
Manuel Langele
Gutes Interview und gleichzeitig hervorragende Motivation für uns!
Marlon Ikels
Lukas ist ein heller Kopf, viele seiner Aussagen stimmen. AN einem Punkt hat er unrecht oder ist ungenau: Wenn er bei Wiederkaufraten die Empfehlungsraten einschliesst ist dies entscheidend für einen Erfolg und die Aussage auch richtig. Wer sich ein persönliches Pop Art Bild kauft und aufhängt wird dies vorauss. kein zweites Mal tun aber die Freunde werden sich sowas gerne abschauen (oder tun es bereits bei uns 🙂
Aber trotzdem eines schönes Interview zum Thema.
Silke Walther
Ich glaube neben der zündenden Idee oder einem “guten Riecher”, Know-how, geschicktes Marketing und Durchsetzungsvermögen gehört auch eine Portion Glück dazu, mit einer neuen Business-Idee als Startup erfolgreich zu sein. Bei Spreadshirt passte alles, die Idee, die professionelle und kreative Umsetzung, der Zeitpunkt. Und die nötige Portion Glück war sicher auch dabei, ohne damit die tolle Leistung von Lukasz Gadowski schmälern zu wollen. Weiter so!
Heiko
Bei der Wiederkaufrate wurde außerdem der Preis aus achter gelassen. Sicherlich werden Leinwände, Kristallquader mit eigenem Bild, personalisierten Skiern etc. weniger häufig gekauft als Müsli, T-Shirts & Co. dafür ist hier der Preis und auch die Marge ein vielfaches höher. Ansonsten ein wirklich interessantes Interview!
Hans-Peter Krughein
Es wird im Artikel über Individualisierung gesprochen, als ob es die Neuerfindung des Rades wäre, dabei wird das Thema von etablierten Firmen wie http://www.porsche.de (Automobil), http://www.zafrane.de (Kunst) oder http://www.zalando.de (Schuhe) seit längerer Zeit erfolgreich und mit hohem Kundennutzen angeboten. Insgesamt ein sehr informatives Interview.
Foto Ölgemälde
“Ich glaube neben der zündenden Idee oder einem “guten Riecher”, Know-how, geschicktes Marketing und Durchsetzungsvermögen gehört auch eine Portion Glück dazu, mit einer neuen Business-Idee als Startup erfolgreich zu sein. Bei Spreadshirt passte alles, die Idee, die professionelle und kreative Umsetzung, der Zeitpunkt. Und die nötige Portion Glück war sicher auch dabei, ohne damit die tolle Leistung von Lukasz Gadowski schmälern zu wollen. Weiter so!”
Seh ich absolut genauso! 🙂
Jürgen
Ich halte gar nichts von dem was Lukasz sagt. Ausgerechnet Lukasz, selber Profi-Kopierer von Ideen, erzählt wie ein Unternehmen erfolgreich sein kann und was es zu beachten hat. Ich würde mir das ganze zu Herzen nehmen, wenn er ein Startup aufziehen würde, wo die Idee Grundidee auch von ihm stammt und andere ihn kopieren. Aber bisher war das immer anders herum.
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