Private Geldgeber helfen Start-ups oft auf den ersten Metern. Welche rechtlichen Punkte Gründer dabei im Blick haben sollten, verrät unser Kolumnist.
Montag ist Kolumnentag bei WirtschaftsWoche Gründer. In regelmäßiger Folge berichtet ab heute Lorenz Jellinghaus aus seinem Arbeitsalltag. Der Rechtsanwalt ist Partner bei der Kanzlei Lutz Abel. Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht begleitet er regelmäßig Gründer und Investoren bei Finanzierungsrunden.
In Deutschland investieren derzeit nur wenige, auf die Seed-Phase spezialisierte Fonds. Hier dominieren Beteiligungsgesellschaften des Staates – wie der HTGF – und der Länder. Marktbeobachter gehen davon aus, dass sich in rund der Hälfte der Seed-Finanzierungsrunden staatliche Beteiligungsgesellschaften engagieren. Eine wesentliche Rolle in der deutschen Start-up-Finanzierung spielen Business Angels, vermögende Privatpersonen, meist mit unternehmerischer Erfahrung, die eigenes Geld investieren.
Sie stellen nicht nur Kapital, sondern auch Wissen und Netzwerk zur Verfügung. Es sind also Investoren, die Gründern erheblich weiterhelfen können, sowohl finanziell als auch mit Know-how. Schätzungen gehen davon aus, dass es in Deutschland derzeit etwa 10.000 aktive Business Angels gibt. Business Angels gehören zu den ersten Investoren eines Start-ups und übernehmen in der Regel nicht alleine das zu stemmende Finanzierungsvolumen – sondern schließen sich in einer Gruppe zusammen.
Rechtliche Besonderheiten in Finanzierungsrunden mit Business Angels
Dabei hat nicht jeder Business Angel breite Start-up-Erfahrung. Die Zusammenarbeit gerade mit dieser Gruppe von Angels gestaltet sich für Gründer deshalb oft langwierig. Grundsätzlich empfiehlt es sich zudem, die strategischen Vorteile zu klären, die einem ein Business Angel bringt, und sich zu versichern, dass ein gemeinsames Verständnis für die weiteren Entwicklungsschritte des Unternehmens besteht. Daneben sollten Gründer aber noch eine Reihe rechtlicher Besonderheiten berücksichtigen, die sich bei Finanzierungsrunden unter Beteiligung von Business Angels stellen:
- Form des Investments: Die Wahl der richtigen Investmentform wird bei Finanzierungsrunden mit Business Angels besonders intensiv diskutiert. Es gibt Angels, die nur Equity-Finanzierungsrunden akzeptieren (also verlangen, dass sie Geschäftsanteile übernehmen), es gibt Angels, die für alternative Instrumente wie Wandeldarlehen offen sind, und es gibt solche, die auf die rechtliche Strukturierung ihres Investments kein besonderes Augenmerk legen und einen möglichst schlanken Prozess (z.B. über ein Darlehen) bevorzugen. Aus Gründersicht ist es wichtig, möglichst frühzeitig Klarheit zu bekommen, wie die Finanzierungsrunde strukturiert werden soll. Denn ein klarer, transparenter und gut strukturierter Investmentprozess ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Abschluss einer Runde.
- INVEST-Zuschuss: Business Angels sind eine Investorengruppe, die in Deutschland attraktive staatliche Förderung bekommt. Mit dem INVEST-Zuschuss für Wagniskapital steht Business Angels die Möglichkeit offen, bis zu 20% ihres Investments steuerfrei vom Staat zurückerstattet zu bekommen, wenn sie in innovative Unternehmen investieren. Wenn Angels dieses Programm noch nicht kennen, sollten Gründer „ihre“ Angels darauf aufmerksam machen.
- Liquidationspräferenzen: Einige Angels orientieren sich bei der Definition der von ihnen beanspruchten Rechte an den Standards von VC-Investoren. Sie fordern also Rechte, die von VC-Investoren typischerweise als Schutz und Optimierung ihres Investments verlangt werden. Das kann, muss aber nicht in jedem Fall zum Vorteil der Business Angels sein. Denn nachfolgende Investoren werden bereits zugestandene Rechte jedenfalls auch für sich fordern und setzen sich mit diesen Rechten dann möglicherweise vor die Gruppe der Business Angels. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Liquidationspräferenzen, also die bevorzugte Zahlung von Erlösen an Investoren. Hier gilt im Markt das „first in last out“-Prinzip, das heißt die Investoren, die zuletzt investiert haben, werden etwa im Falle des Exits auf einer vorrangigen Stufe berücksichtigt. Es kann also für früh investierende Gesellschafter (wie Business Angels) im Einzelfall wirtschaftlich sinnvoll sein, auf Liquidationspräferenzen möglichst lange zu verzichten.
- Lead-Investor: Nur wenige Business Angels sind zu 100% ihrer Zeit als Investor aktiv. Viele Angels haben ein eigenes Unternehmen oder eine hauptberufliche Tätigkeit. Dies führt dazu, dass sie ihre Aufmerksamkeit nicht vollständig dem Start-up widmen können. Sowohl für Angels als auch für Gründer ist es daher zu empfehlen, dass einer aus der Gruppe der Angels die Rolle des Lead-Investors übernimmt und sich aktiv um die Beteiligung kümmert. Der Lead-Investor ist zentraler Ansprechpartner sowohl für die Gruppe der Angels als auch für das Start-up. Um die Rolle des Lead-Investors zu institutionalisieren, kann beispielsweise eine Pool-Vereinbarung geschlossen werden. Diese stellt sicher, dass der Lead-Investor in Vertretung für die gepoolten Business Angels auftritt. Bei einem großen Gesellschafterkreis kann ein Pooling auch dadurch erreicht werden, dass bei der Gesellschaft ein Beirat errichtet wird, in dem der Lead-Investor einen Sitz hat und in den Gesellschafter-Kompetenzen verlagert werden.
Finanzierungsnetzwerk braucht Zeit
Den „richtigen“ ersten Investor zu finden, ist ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor für ein Start-up. Insbesondere wenn Business Angels als Seed-Finanzierer in Frage kommen, ist es wichtig, den Prozess frühzeitig zu starten und ausreichend Zeit für die Umsetzung der Finanzierungsrunde einzuplanen. Besteht noch kein aktives Investoren-Netzwerk, sollten Gründer damit rechnen, dass der Aufbau eines solchen Netzwerkes mindestens sechs Monate in Anspruch nehmen kann. Frühzeitig mit der Auswahl des richtigen Investors zu beginnen, ist also ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor für den Aufbau eines erfolgreichen Start-ups.