Im Zeitalter der Digitalisierung sprechen alle über Programmierkenntnisse. Tijen Onaran findet: Storytelling ist eines der zentralen Leadership-Themen – und sollte auch in der Schule unterrichtet werden.
Mittwoch ist Kolumnentag bei WirtschaftsWoche Gründer: Heute schreibt wieder Tijen Onaran. Sie ist Gründerin von startup affairs, einer PR und Public Affairs Beratung für Start-ups, Venture Capitals und Unternehmen. Mit Women in Digital e.V. vernetzt Onaran Entscheiderinnen der Digitalbranche und macht diese sichtbar. Vor der Gründung von startup affairs war sie als Leiterin Kommunikation beim Onlinehandelsverband Händlerbund und in unterschiedlichen Funktionen für Bundestags-, Europaabgeordnete sowie das Bundespräsidialamt tätig.
Am Wochenende fand der zweite Digital Leader Female Award statt und ich bin immer noch ganz begeistert von so vielen großartigen und leidenschaftlichen Frauen, ihren fantastischen Ideen und ihrem Engagement. Doch allein gute Ideen zu haben reicht leider oft nicht aus – zumindest dann nicht, wenn man langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein möchte. Besonders GründerInnen, CEOs oder Geschäftsführer/-innen von Unternehmen müssen in unserer Welt, in der wir viele der geschäftlichen Beziehungen online pflegen und ein großer Teil unserer Kommunikation über digitale Kanäle abläuft, wissen, wie sie ihre Ideen präsentieren, Themen setzen und Menschen begeistern.
Geschichten verändern unsere Welt
Dass gutes Storytelling das Vehikel für Inhalte, Themen und Ideen ist, konnte ich auch während meiner Reise in die USA beobachten. Als ich dort dieses Jahr mit einer Gruppe von 47 Frauen unterwegs war, wurde mir einerseits bewusst, wie wichtig Storytelling ist, weil mir ständig Menschen begegneten, die mich mit ihren Geschichten berührten und deren Ideen die Welt verändern. Andererseits wurde mir dabei klar, dass Storytelling eine erlernbare Fähigkeit ist. Freie Vorträge zu halten oder kleine Anekdoten pointiert zu erzählen, gehört beispielsweise in den USA viel eher zum Standardrepertoire als bei uns in Deutschland.
Einmal haben wir uns einen Spaß daraus gemacht und auf der Straße Leute angesprochen und sie gebeten, uns zu erzählen, was sie beruflich machen. Als uns ein Physiker daraufhin erklärte, aus welchem Grund er seinen Beruf ergriffen hat und warum er ihn bis heute gerne macht, waren wir so begeistert, dass wir am liebsten auf der Stelle angefangen hätten, Physik zu studieren – und das, obwohl wir bislang keinerlei besondere Begabung auf diesem Gebiet bewiesen haben. Das beweist die Macht des Storytelling.
Programmieren? Und Storytelling!
Wenn darüber diskutiert wird, welche Skills im Zeitalter der Digitalisierung wichtig sind und darum bereits in der Schule vermittelt werden sollten, geht es in der Regel um Programmierkenntnisse und technisch-mathematische Fähigkeiten. Diese sind ohne Zweifel wichtig, aber angesichts von Entwicklungen beispielsweise im Bereich der Künstlichen Intelligenz vielleicht langfristig nicht mal entscheidend. Ich bin davon überzeugt, dass wir unsere Jugend und den Nachwuchs vielmehr pushen sollten, dass sie sich gut präsentieren und Inhalte anschaulich vermitteln können. Der Grundstein dafür muss am besten direkt in der Schule gelegt werden. Ich selbst musste zum Beispiel meinen ersten freien Vortrag erst an der Uni halten. Davor genügte es im Grunde, wenn ich vom Blatt ablesen konnte.
Storytelling-Skills und Leadership gehören zusammen
Ich halte Storytelling für eines der zentralen Leadership-Themen, das jedoch viel zu häufig vernachlässigt wird. Wer begeistert und unterhaltsam von sich und seinen Ideen erzählen kann, kann auch andere Menschen begeistern. Ob auf der Bühne, im „echten Leben“ oder in der digitalen Welt – wichtig ist, seine Geschichte erzählen zu können. Davon hängt ab, ob wir sichtbar werden und wie uns unser Gegenüber wahrnimmt. Dazu gehört auch ein Stück weit Mut, sein Gesicht zu zeigen. Ohne Storytelling-Skills können Menschen an der Spitze von Unternehmen kaum ihre notwendige Vorbildfunktion einnehmen. Gerade diese Fähigkeit ist aber wichtig, um das eigene Team mitzunehmen und andere Menschen zu begeistern. Nur so gelingt es, die Welt zu verändern und zu einem besseren Ort zu machen.
Cornelia Katinka Lütge
Dem Mut, Geschichten zu erzählen (und damit Menschen zu gewinnen für eine Sache oder gar zu berühren, zu bewegen) geht voraus, keine Sorge vor kritischer Bewertung befürchten zu müssen.
Ich bin unbedingt überzeugt vom Storytelling als Stilmittel.
Und ich sehe, dass Schule immer noch viel zu oft defizitorientiert lehrt. Das beschneidet Mut.
Zum Glück – es geht langsam anders. Zahlreiche gute Beispiele existieren. Und ich bin froh, dass meine Girlz, mittlerweile Teens, schon seit Klasse 3
regelmäßig und ganz selbstverständlich präsentieren, Geschichten schreiben und erzählen.
Anne
Liebe Tijen Onaran,
ich stimme ihnen grundsätzlich zu. Storytelling ist etwas wunderbares und verbindet uns Menschen miteinander.
Storytelling bedeutet für mich, dass Menschen von sich und ihrer Arbeit begeistert erzählen können und damit andere Menschen anstecken. es ist allerdings notwendig, dass diese Begeisterung für eine Sache von dem Vortragenden gefühlt wird, sonst kann er/ sie sich noch so gut präsentieren, der Funke springt nicht zu den Zuhörenden über.
Um diese Art von Storytelling zu Üben reicht es meines Erachtens nicht aus, dass in der Schule der freie Vortrag geübt wird. Sondern es braucht einen Rahmen, wo die Schüler_innen begeistert und offen von ihren Interessen erzählen können ohne dabei bewertet und unter Druck gesetzt zu werden. Erst dann ist es wirkliches Storytelling und nicht nur einen Vortrag halten.
Lieben gruß,
Anne
Uwe
Ja, Storytelling ist oft hilfreich, jedoch nur eines von vielen Skills, die man brauchen kann. Im individuellen Portefolio persönlicher Fähigkeiten ist es aber eines von vielen Dingen und es geht sicherlich auch ohne; wenn auch Storytelling in vielen Bereichen das Leben einfacher macht. In die Schule gehört das aber ganz bestimmt nicht als zentrales Ziel, eher im Rahmen der “Lebenswirklichkeit” berücksichtigt. …
Ursula
Vielen Dank für den informativen Artikel! Sehr schön auf den Punkt gebracht.
Freilerner
Gähn! Ständig hat jemand eine neue Idee, was man noch so in der Schule alles durchnehmen könnte. Ist eigentlich schon mal jemanden aufgefallen, dass die Leute das meiste Schulwissen ziemlich schnell nach der Schule wieder aussortieren? Und wenn sie es in Erinnerung behalten, dann meistens in negativer. Mein Vorschlag: Weniger Schule, mehr Angebote. Es will ja nicht jeder Unternehmer werden.
Otger Weigel
Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.
Augustinus Aurelius (354 – 430), Bischof von Hippo,
Philosoph, Kirchenvater und Heiliger
Uwe Magnussen
Lieber Tijen Onaran,
tollere Beitrag!! Nicht jeder kann gleich fei kommunizieren. Ich habe z.B snmal talk im Fahrstuhl “traniert” und mich gezwungen, ein Gespräch mit “Mitreisenden” zu beginnen. Mit der Frau mit der Einkaufstasche: “Wenn wir steckenbleiben, brauchen wir nicht verhungeren…” usw. heute kann ich meine Erlebnissen und Ideen vor größeren Gruppen und digital locker vortragen und Zuhörer/Leser bannen und ziehe selbst Energie daraus (selbst auf der Beerdigung). Mir war bisher nicht bekannt, dass dies “Storytelling-Skills” sind. Der Norddeutsche würde dieses als “hey kan schacken un vertellen” überseetzen.
Nur warum man dabei nach “Weiblein” und “Männlein” (Women in digital) unterscheiden muß, erschließt sich mir nicht.
Bleiben Sie neugierig und kommunikativ!
Viele Grüße
Uwe Magnussen
Realist
Unglaublich was für ein Blender der Autor ist. Ein typischer Femi-Nazi, der ohne eige Expertise mit pseudo intelligenten Buzz-Words um sich wirft und wahrscheinlich sogar selbst daran glaubt. Ich könnte im Strahl kotzen.
Marie-Charlotte Maas
Lieber Realist, Kritik ist absolut erwünscht, aber bitte zukünftig in einem angemessenen Ton. Danke und bis zum nächsten Mal, die WiWo-Gründer-Redaktion
Sascha Baron
Der Begriff Storytelling wird oft mißverstanden. Grundsätzlich weiß jeder um was es geht (Geschichten erzählen), doch ich in der Praxis sind viele überfordet. Das liegt daran, dass viele vor einem weißen Blatt sitzen und sich die große Geschichte (wie in einem Roman) überlegen wollen.
Storytelling bedeutet vor allem eine journalistische Herangehensweise. Themen konkret machen, runterbrechen auf eine Person. Im Prinzip geht es immer um die Geschichten von Menschen, d.h. ich nutze einfach Beitragsformen wie Interview und Reportage für Storytelling.
Ich produziere Foto, Video- und Audio Geschichten für Unternehmen und ich erlebe es immer wieder, wie überrascht die Kunden sind, was es für tolle Geschichten von Mitarbeitern gibt.
Günter Heini
Guter Artikel. Im Grunde genommen geht es darum gute Geschichten zu erzählen, die eine Botschaft vermitteln. Eine Botschaft, die besser ankommt, weil sie in eine Geschichte verpackt ist. Man muss diese Geschichten also sammeln. Geschichten über Menschen und ihre Erlebnisse. Geschichten über Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten.