Der Tourismus ist so ein Beispiel. Meine Firma Joventour ist komplett auf den Direktvertrieb aufgebaut, also ein sogenannter Online-Reiseveranstalter. Die Prozesse sind so optimiert, dass wir theoretisch komplett papierlos und digital arbeiten könnten. Trotzdem schaffen wir es seit fünf Jahren nicht, den Offline-Aspekt völlig auszublenden.
Der simple Grund: Das Motiv, eine Urlaubsreise anzutreten, basiert zum größten Teil auf einer emotionalen Entscheidung. Der eine hofft, die Liebe seines Lebens zu finden, der andere möchte sich selber finden, der dritte sucht Abstand zum Alltag und die nächsten verreisen, um ihre Beziehung zu retten. Die Liste lässt sich unendlich weiterführen. Und genauso persönlich und individuell wie die Motive sind, ist auch der Mensch, der zum potenziellen Käufer wird.
Eine erzwungene Partizipation
Ich habe lange versucht, die Kundenbetreuung auf die digitalen Möglichkeiten einzuschränken und musste schnell feststellen, dass man den Faktor Mensch (noch) nicht digital ersetzen kann. Gerade bei Produkten, bei denen eine emotionale Kaufentscheidung zu Grunde liegt, basiert das Käufervertrauen immer noch auf dem persönlichen Kontakt.
Auch unser Branchenprimus, die Tui AG, hat kürzlich mit einer digitalen Entscheidung Schlagzeilen gemacht und angekündigt, ab Januar alle physischen Reiseunterlagen abzuschaffen. Stattdessen wird den Kunden nur noch ein Buchungscode übermittelt. Technisch gesehen absolut ausreichend. Trotzdem schreit die gesamte Branche auf, weil die Wahloption, ob man seine Reiseunterlagen als Booklet wünscht oder nicht, mit dieser Entscheidung einfach eliminiert wurde.
Karsten Butze
Ich denke Digitalisierung wird häufigst eindimensional verstanden (und in den Medien dargestellt (wie Journalisten es eben verstehen …). Und zwar so, dass es der Umgang des Menschen mit Bytes betrifft. Doch Menschen lassen sich nur begrenzt digitalisieren:
Facebook – öde, WhatsApp langweilig außer auf Reisen. Ich genieße und feiere es nicht erreichbar zu sein. Allgegenwärtigkeit ist trivial, selten erreichbar ist exklusiv. Auch so kann man sich definieren. Nutzerwanderungen stützen meine Argumente.
Digitalisierung ist unerlässlich bei der Vernetzung von Vorgängen, Maschinen, Geräten und und Prozessen, Industrie 2.0,3.0 … ist sichere Produktionskommunikation am Standort und über Entfernungen. “Smart home” ist innovativ “smart industry” die logische Fortsetzung des Weges.
Also Jungs in den Agenturen, genug im Webseiten-Sandkasten gespielt macht mal richtige Dinge:
– Verwaltungsvorgänge im Rechenzentrum abbilden
– internationale Produktläufe abbilden und von überallher verwaltbar machen
– Diese an die großen Mainframes der Konzerne anbinden
– dito für Logistikabläufe
– dito für Qualitätskontrolle
– ggf. per Funk, Wlan
– Vernetzung von Maschinen, Lagern und Logistikketten über Ländergrenzen hinweg
– und das ganze natürlich nicht proprietär sondern mit Standard-Datenbanken, Standard-Browsern, ja gut auch Javascript, natürlich verschlüsselt.
Lasst Menschen wieder miteinander reden. Ohne App, ohne Plattform, direkt. Digitalisierung ist was für Maschinen, nicht für Menschen.
Und eh, Jungs das ist nicht neu, Ihr habt Euch nur zu lange im Sandkasten aufgehalten und denkt der ist die ganze Welt ….
Toni M.
Womit Wolfgang Grupp absolut recht hat. An vielen Stellen haben wir bzw. deutsche Unternehmen bereits die Kundenschnittstelle verloren und genau deshalb sollte sich jeder mit dem Thema beschäftigen. Erst in den letzten Tagen habe ich wieder gehört, schicken “schicken Sie uns bitte ein Fax” Der deutsche Mittelstand hat zulange Entscheidungswege, die Manager haben gelernt Kosten einzusparen und Mitarbeiter einzustellen und oft den Kunden und auch den Mitarbeiter vergessen.
Wie Karsten schon sagt müssen die Themen einfach konsequent Gedacht und behandelt werden, das Unternehmen ist nicht digitalisiert nur weil jetzt eine WhatsApp Nummer auf eurer Website steht.