Warum setzen deutsche Schulen so selten Computer im Unterricht ein? Haben die Lehrer etwa Angst vor der Digitalisierung, fragt sich Tijen Onaran.
Mittwoch ist Kolumnentag bei WirtschaftsWoche Gründer: Heute schreibt wieder Tijen Onaran. Sie ist Gründerin von startup affairs, einer PR und Public Affairs Beratung für Start-ups, Venture Capitals und Unternehmen. Mit Women in Digital e.V. vernetzt Onaran Entscheiderinnen der Digitalbranche und macht diese sichtbar. Vor der Gründung von startup affairs war sie als Leiterin Kommunikation beim Onlinehandelsverband Händlerbund und in unterschiedlichen Funktionen für Bundestags-, Europaabgeordnete sowie das Bundespräsidialamt tätig.
Genau 9,1 Prozent aller Lehrer in Deutschland nutzen täglich Computer im Unterricht, heißt es in der International Computer and Information Literacy Study. Zum Vergleich: Australien liegt mit 66 Prozent vorne, gefolgt von den Niederlanden mit 50,8 Prozent.
Dass wir uns mit Veränderungen nicht ganz so leicht tun, gab es schon vor der Digitalisierung. Das „Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht“-Prinzip hat eine Verweildauer, über die sich manche Oppositionspartei freuen würde.
Gemischt mit der Grundskepsis, dass das Neue Altes in Frage stellt und vielleicht sogar, oh Schreck, ersetzt, bleibt dann einfach alles so, wie es war.
iPads im Klassenzimmer? Nein, danke!
Als ich bei Twitter auf die Studie hinwies, gab es eine Menge an Retweets und viele Nachrichten. Da schrieb mir jemand: „Zahlen lesen sich immer gut, aber was ist, wenn die Schuldirektion strikt gegen den Einsatz von Computern im Unterricht ist?“
Ein anderer meinte: „iPads im Klassenzimmer? Nein, danke!“
Und meine Lieblingsreplik: „Was haben wir denn vor Laptops, Handys und der digitalen Navigation gemacht? Löcher in die Luft gestarrt?“
Ja, die Skepsis ist groß. Bloß: Wovor haben wir Angst? Scheinbar sogar mehr als alle anderen Länder – die Digitalisierung wird hierzulande oft als unstetig, unsicher und vor allem unkontrollierbar eingestuft.
Dr. Richard Spies
So ist das Leben, da schickt der Digital Native seine Kinder in die Waldorfschule und wundert sich warum dort nicht mit Tablets gearbeitet wird :-).
Lehrer die bei der aktuellen technischen Ausstattung, dem nutzbaren Content und den Budgets der Träger konventionellen Unterricht machen sind nicht technologiefeindlich sondern realistisch.
Die Rufe nach der digitalen Bildung sind in der Digitalbranche wohlfeil, leider scheitert die Finanzierung von Projekten am mangelnden Interesse bzw. Know-how. Investoren mit Interesse an digitaler Bildung kann man an einer Hand abzählen und die mit Print prächtig verdienenden Schulbuchverlage (bezahlt durch staatliche und private Träger) haben soviel Interesse an digitaler Bildung wie die Dieselabteilung von VW am Elektroauto.
Dr.Richard Spies
TOUCHDOWN Mathe
Chris
Innovation heißt nun mal nicht alles unreflektiert nachzuahmen was andere vormachen oder alles anzuwenden was technisch möglich ist. Dazu gehört auch erst mal kritisch die Wirkungen zu hinterfragen. Kinder zu früh an den Computer zu holen – smartphones lassen sich ja schon gar nicht mehr vermeiden- hat nun mal sehr negative Auswirkungen auf motorische und kreative Fähigkeiten. Mit der Digitalisierung
Viktor Hagen
Es ist leider so, dass immer ein prägnantes Schlagwort in den Raum geworfen wird und dann jeder seine eigen Interpretation damit verknüpfen muss. So passiert ist mit Industrie 4.0 aber auch in der Bildung mit der Digitalisierung. Es würde mehr der Sache zugute kommen, wenn man hinterfragt, was da hinter steht. Im Beispiel von Australien ist das der Ersatz von Stift und Papier. Laptop Hersteller werden dort mit ihren ‘Leichtgewichten’ von 960 Gramm….
Zum Einsatz kommen dann überwiegend die Office Produkte von Microsoft.
Es ist unbestritten, dass heute Word, Excel und Powerpoint sich gegen die Alternativen der OpenSource durchgesetzt haben, aber wird der Schüler dadurch in den Schulfächern besser lernen? Sicher ist Cut/Paste aus dem Internet in die Hausaufgaben einfacher als etwas abzuschreiben – hilft ja Bekannterweise unsere ‘Doktoranden’ – wo das hinführt sehen wir ja. Stichwort Bulemielernen und es steht doch schon alles im Web..
Die Forderung sollte sein, werden die richtigen Inhalte vermittelt und was ist die richtige Methodik. Digitalisierung macht sicher Sinn wenn es um Skalierungseffekte geht, d.h. Gleichartiges schneller und billiger zu bedienen. Aber ist Bildung ein Skalierungsproblem? Wenn wir hier nicht richtig in Menschen investieren, so werden wir mehr und mehr zu einem Entwicklungsland.
Viktor Hagen
IT Dozent