Jeder dritte Wissenschaftler in Deutschland kann sich die Gründung eines Start-ups vorstellen, doch nur die allerwenigsten wagen es. Woran liegt das?
Von Maria Berentzen
Die Idee war zu gut, um sie im Schrank verstauben zu lassen. Deshalb entschloss sich Alexander Müller dazu, der Wissenschaft den Rücken zu kehren und stattdessen Chef seine eigenen Start-ups zu werden.
Müller promovierte 2013 in der Physikalischen Chemie an der Universität zu Köln, wo er in einer Arbeitsgruppe einen Polymerschaum herstellte, dessen winzig kleine Poren im Nanobereich lagen und der nach erfolgreichem Abschluss der Forschung in der Industrie zum Einsatz kommen sollte.
„Eine akademische Laufbahn hatte ich bereits ausgeschlossen, aber ich hatte keine genaue Vorstellung davon, wie es nach der Promotion weitergehen sollte“, erinnert er sich. „Ich komme nicht aus einer Unternehmerfamilie und hatte dementsprechend keine Ahnung davon, ob eine Gründung für mich das Richtige sein könnte.“
Exoten in der Start-up-Szene
Kein Grund es nicht zu versuchen, fand Müller. Heute ist er gemeinsam mit seinem Labor-Mitstreiter Roland Oberhoffer aus seiner damaligen Arbeitsgruppe Geschäftsführer von Sumteq, dem Unternehmen, das eben jenen Polymerschaum herstellt, an dem Müller an der Uni Köln geforscht hatte.
Damit sind Müller und Oberhoffer Exoten in der Start-up-Szene, denn den Sprung aus dem Labor in die Wirtschaft wagen nur sehr wenige. Laut dem Bericht „Gründungserfolg von Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen“ des Instituts für Mittelstandsforschung aus Bonn aus dem Jahr 2017 kann sich zwar rund ein Drittel der Wissenschaftler eine Selbstständigkeit grundsätzlich als Alternative vorstellen, aber nur einer von 30 hat überhaupt Schritte zu einer Gründung unternommen. Und: Jeder vierte mit einer Gründungsidee bricht die Gründung wieder ab.
Rechtliche Probleme schrecken ab
Der Grund liegt nicht etwa in fehlendem Mut oder mangelnder Motivation. Vielmehr sind es rechtliche Schwierigkeiten, die viele Gründungswillige abschrecken: „Wer als wissenschaftlicher Mitarbeiter oder Professor einer Hochschule seine Forschungsergebnisse auf den Markt bringen möchte, der sollte zuvor sichergehen, dass die Hochschule oder sein Institut diese Ergebnisse freigibt“, sagt Marc Kley vom Gateway Gründungsservice der Universität Köln.
Wird eine Erfindung erfolgreich patentiert, gehört das Patent oder das Schutzrecht nämlich laut Arbeitnehmerfindegesetz zunächst nicht den Wissenschaftlern, sondern der Hochschule, die auch die Kosten der Forschung tragen. Die Erfinder bekommen zwar Anteile an dem Patent – regulär sind das 30 Prozent des Geldes, das durch dieses generiert wird – doch ohne die Zustimmung ihres Arbeitgebers können sie es nicht selbst verwenden, sondern müssen es erst einmal erwerben. Oft sind die Hochschulen dabei entgegenkommend, doch die Kosten, die durch dieses Verfahren entstehen, schrecken viele potentielle Gründer ab.