In Cybersecurity-Start-ups fließt weltweit immer mehr Geld. Gefragt sind Lösungen für Banken und Versicherungen – aber auch für kleinere Mittelständler, zeigt Enginsight aus Jena.
Die langen Fahrten zu Networking-Events und Pitches in Berlin haben sich für die Gründer des Cybersicherheits-Start-ups Enginsight aus Jena gelohnt: Sie erhalten eine siebenstellige Summe, um mit dem Team aus derzeit acht Personen auf bis zu 15 Mitarbeiter wachsen zu können, wie WirtschaftsWoche Gründer vorab erfuhr. „Wir sind hier in Jena zwar nicht am Hotspot der Finanzierungen, konnten aber mit ein paar Anfragen und dem guten Netzwerk unseres Thüringer Bestandsinvestors BMT recht schnell einen sehr spannenden Investorenkreis für die aktuelle Runde finden“, sagt Mario Jandeck, Gründer und Geschäftsführer von Enginsight. Anschub für den Vertrieb etwa verspricht Neuinvestor Carsten Maschmeyer, der sich über seinen Fonds Seed + Speed Ventures an der 2017 gegründeten Firma beteiligt. Auch der private VC-Fonds Smart Infrastructure Ventures aus Leipzig steigt neu ein.
Das hochgesteckte Ziel von Jandeck und seinem Co-Gründer Eric Range: die deutsche Marktführerschaft mit einer automatisierten Lösung zur IT-Überwachung und -Analyse. Konkret entdeckt die Software beispielsweise gefährliche Sicherheitslücken in den Systemen, weist auf Updates hin und unterstützt die Installation. Damit richtet sich Enginsight an mittelständische Produktionsunternehmen, aber auch an Stadtwerke, Stadtverwaltungen sowie Nahverkehrsbetriebe. Nähe zum Start-up sucht auch die Versicherungsgruppe HDI aus Hannover, die neu als Investor einsteigt. Rund um das Thema Cyberversicherung für Unternehmen ist künftig eine engere Zusammenarbeit geplant, sagt Enginsight-Gründer Jandeck.
Kräftige Finanzspritzen
Vor allem mit Lösungen für Versicherungen und Banken sammeln Start-ups immer mehr Kapital ein. Weltweit flossen im vergangenen Jahr bei 53 Deals knapp 650 Millionen Dollar in Fintechs aus dem Bereich Cybersicherheit, wie die aktuelle Auswertung „Fintech Pulse 2019“ (hier geht es zum PDF) des Beratungsunternehmens KPMG zeigt. Dagegen waren es 2018 noch 38 Deals mit einem Volumen von rund 320 Millionen Dollar.
„Die Verdoppelung der Investitionen im Bereich Cybersicherheit haben unter anderem mit dem Übergang zu Open Banking in Europa und Großbritannien zu tun“, lässt sich KPMG-Partner Bernd Oppold in einer Pressemitteilung zitieren. „Bei dieser Öffnung der Banken kommt dem Schutz der Daten eine entscheidende Bedeutung zu – umso mehr, wenn nicht regulierte Marktteilnehmer beteiligt sind.“ Angesichts der steigenden Zahl von Hackerangriffen sei in dem Segment auch im laufenden Jahr ein nachhaltiges Interesse bei Investoren zu erwarten, so Oppold.
Potenziale im Mittelstand
Trotz der Nähe zur Finanzbranche durch Investor HDI bleibt in Jena der Fokus vorerst auf mittelständischen Betrieben, sagt der Enginsight-Gründer. Die etablierten Anbieter von IT-Sicherheitssoftware will das junge Team durch eine einfachere Benutzeroberfläche schlagen: „Uns fällt immer wieder auf, dass es vor allem Mittelständlern ein großes Anliegen ist, kleinteilige und komplizierte Spezialtools loszuwerden“, so Jandeck. „Die großen Player in der Branche setzen auf ein riesiges Produktportfolio, als junges Unternehmen können wir eine einfach zu handhabende Komplettlösung anbieten.“
Mehr als 20 Kunden konnte das Start-up nach eigenen Angaben so bereits gewinnen, etwa den Greifswalder Sportboothersteller Hanse Yachts. Der Firmensitz in Thüringen bringe dabei Vorteile, sagt Jandeck: „Unsere Kunden schätzen es, dass unsere Software rein in Deutschland entwickelt wird und die Daten auch hier auf den Servern liegen. Die meisten unserer Konkurrenzprodukte sehen wir nur in den USA oder in Israel.“