Seit der Gründung 2012 wurden mehr als hundert Finanzierungsrunden abgeschlossen – zunehmend setzen auch Wachstumsunternehmen auf den Schwarm.
Auch wenn zahlreiche Finanzierungsmeldungen einen anderen Eindruck vermitteln können: An Kapital zu kommen, bleibt für viele Gründer eine große Herausforderung – vor allem in der Frühphase ihres Unternehmens, wenn es sie noch nicht viel mehr als eine Idee und einen Prototyp vorweisen können. Diese Finanzierungslücke schließen wollen Crowdinvesting-Plattformen, bei denen Privatleute Start-ups mit Kleinbeiträgen unterstützen.
Insgesamt kommen dabei bedeutende Summen zusammen, wie neue Zahlen von Companisto zeigen. Die nach eigenen Angaben markführende Schwarmfinanzierungs-Plattform hat heute bekannt gegeben, dass seit der Gründung 2012 mehr als 50 Millionen Euro in Start-ups aus Deutschland, Österreich und der Schweiz investiert worden sind. Das Geld verteilte sich demnach auf mehr als hundert Finanzierungsrunden – aktuell seien über 84.000 Investoren bei Companisto registriert.
Dass sich Schwarmfinanzierungen in Deutschland etabliert haben, belegt auch ein Marktreport des Informationsportals crowfunding.de. Demnach werden auf dem Weg jährlich 15 Millionen Euro in Start-ups investiert. Neben Companisto zählen Kapilendo, Seedmatch und Seedrs zu den bedeutendsten Plattformen. Im Unterschied zu Crowfunding, bei denen Unterstützer die Entwicklung einzelner Produkte unterstützten, erwerben sie bei Crowinvestment Anteile an dem Start-up. Damit werden sie an Gewinnen und Erlösen bei einem Unternehmensverkauf beteiligt.
Börsengänge und Insolvenzen
Zu den Erfolgsgeschichten gehört Cringle. Mit ihrer Bezahl-App sammelten die vier Gründer 2016 auf Companisto 800.000 Euro ein. Inzwischen beschäftigt das Start-up 16 Mitarbeiter. Bei einer zweiten Schwarm-Finanzierungsrunde kamen im vergangenen Jahr noch einmal über 450.000 Euro zusammen.
Tatsächlich entdecken zunehmend auch Wachstumsunternehmen die Crowdinvestment-Pattformen für sich. Laut crowdfunding.de übersteigen die Gesamtinvestitionen in reifere Unternehmen mittlerweile sogar die in Start-ups. Ein Beispiel dafür ist Natural Dental Implants (NDI): Das in Berlin ansässige Medizintechnik-Unternehmen sammelte im April über Companisto 2,5 Millionen Euro – hatte zu diesem Zeitpunkt aber bereits mehrere „klassische“ Finanzierungsrunden hinter sich. Nun strebt NDI an die Börse.
Die Erfolgsmeldungen sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Schwarminvestoren auch Risiken eingehen. Immer wieder gibt es Start-ups, denen nach erfolgreichen Crowdfunding- oder Crowdinvestmentrunden das Geld ausgeht. Dazu zählte jüngst etwa das Bahnunternehmen Locomore und der Datenspeicher-Pionier Protonet.
Joern Pollack
Companisto selbst ist in erheblichen Schwierigkeiten. Wie Gründerszene berichtete und auch im crowdinvesting-forum diskutiert, wies Companisto im Jahresabschluss 2016 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 715.819,57 Euro aus und hat seither weiter nur Verluste angehäuft. In 2012 hatten sie sich selbst über die Crowd mit 100.000 Euro finanziert, dabei ein kumuliertes positives EBIT von € 5.242.736 bis 2016 prognostiziert. Im Juli 2016 haben Sie nochmals die Crowd mit 2 Mio. Euro angezapft, da allerdings bereits einen Verlustvortrag zum Jahresende von € 931.703,06 prognostiziert. Gezeichnet wurde trotzdem, da die Prognosen für die Folgejahre sehr hoch waren, etwa das Investmentvolumen für 2018 mehr als das Dreifache des in allen Vorjahren erzielten. Die Prognose für 2017 wurde dann aber nicht einmal zur Hälfte erreicht und bis einschließlich April 2018 wurden gerade einmal 8 % des für 2018 prognostizierten Investmentvolumens erreicht. So ist gegenwärtig nicht absehbar, wie Companisto die von ihren Anleger selbst erhaltenen 2,1 Mio. Nachrangdarlehen zurückzahlen könnte. Schlimmer, wird insbesondere in den Foren kritisiert, dass Companisto möglichst jedes Start-up über ihre Website launcht, um die Gebühr von 10 % des Investmentvolumens zu bekommen, und dabei unrealistische Bewertungen aufruft. Nach Paulus Neef hatte er Companisto eine Unternehmensbewertung von sechs Millionen Euro für sein Start-up Unyte Yoga vorgeschlagen, was Companisto ohne Zögern und ohne Verhandlungen akzeptierte. „Companisto hat mir in Aussicht gestellt und die Zuversicht gegeben, dass ich mit unserem Konzept, dem Team und meinem Namen locker zwei Millionen Euro einsammeln würde. Ich habe mich darauf verlassen, sonst hätte ich das Crowdinvesting gar nicht erst gemacht.“ Es kamen nur 190.000 Euro über Companisto zusammen, weshalb er dann nach weniger als einem Jahr Insolvenz anmelden musste (DER SPIEGEL 2016/34 Sauercrowd). Und das setzte sich fort, gab es alleine im Januar 2018 vier Pleiten von auf Companisto gelaunchten Start-ups, davon auch Diversicon mit 500.000 Euro Investmentvolumen, das erst am 21. März 2017 auf Companisto gestartet war. Gesamtschaden für die Anleger allein im Januar 2018: 1.221.535 Euro.
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