In größeren Digitalfirmen hat das Spitzenpersonal häufig BWL, VWL oder Wirtschaftswissenschaften studiert. Bei Start-ups sieht das Verhältnis oft noch ein bisschen anders aus. Was passiert zwischendurch?

Eine Ausbildung, viele Namen: Betriebswirtschaftslehre, Business Administration, Finance, Management oder Volkswirtschaftslehre heißen die Studiengänge, die viele Gründer und Spitzenmanager in jungen deutschen Digitalfirmen absolviert haben.

Die Schwerpunkte in den Bachelor- und Masterstudiengängen mögen sich unterscheiden, klar ist aber: Diplomiertes Wirtschaftswissen ist häufig in den Chefetagen von Start-ups und Scale-ups anzutreffen. Unter den 112 Führungskräften der ersten Ebene in größeren deutschen Digitalunternehmen und schnell wachsenden Start-ups haben fast zwei Drittel einen ökonomischen Studiengang abgeschlossen. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung  der privaten Berlin School of Business and Innovation (BSBI).

Für die Untersuchung wurden die Lebensläufe von Vorständen oder vorstandsähnlichen Posten in insgesamt 22 schnell wachsenden Digitalfirmen analysiert – darunter etwa Auto1, Blinkist, FlixMobility, Solarisbank oder Zalando. „Wer sich bereits heute vorstellen kann, ein Unternehmen aufzubauen und ein Team anzuleiten, ist mit einem wirtschaftsbezogenen Studium gut beraten“, kommentiert BSBI-Vize-Dekan Alexander Zeitelhack die Ergebnisse der Auswertung.

Mit dem Start-up wächst der Wirtschafts-Anteil an der Spitze

Mit einem Blick auf anderen Erhebungen wird vor allem deutlich: Je größer ein Start-up wird, desto stärker dominieren die Wirtschaftswissenschaften im Vorstand. Laut dem Start-up-Monitor 2018 (hier das PDF des Dokuments), bei dem die Angaben von 1150 Gründerinnen ausgewertet wurden, haben gut 40 Prozent der Gründer BWL, VWL oder ein verwandtes Fach studiert. Jeweils um die 17 Prozent starteten ihr Unternehmen mit einem Abschluss als Ingenieur oder der Fächergruppe Informatik und Mathematik. Noch knapp acht Prozent der Gründer stammen aus den Geistes-, Kultur- oder Sozialwissenschaften, weitere sieben Prozent aus den Naturwissenschaften.

Gründungsberater empfehlen in der Regel, möglichst alle Kompetenzen in einem Team abzubilden. Klassisch ergeben so eine Produktentwicklerin, ein Controller und eine Marketing-Expertin die optimale Startbesetzung. Auch hier können die Wirtschaftswissenschaften schon den Schwerpunkt bilden. Wenn die Start-ups stark und schnell wachsen, entstehen in den meisten Fällen klassische Konzernstrukturen – und damit ein Vorstand mit Vorsitz und Verantwortlichen für Finanzen, Vertrieb Personal, Produkt und weiteren Bereichen.

Weg vom Produkt, hin zur Organisation

Der normale Karriereweg in den meisten dieser Funktionen – von Marketing bis Sales – startet dabei meist mit einem Wirtschaftswissenschaften-Abschluss. Zudem verlagern sich die Aufgaben in einem wachsenden Unternehmen oft weg vom eigentlichen Produkt und hin zur Organisation des Betriebs. Dennoch deutet der Blick auf die Zahlen an, dass sich der Fokus an der Spitze immer mehr auf wirtschaftswissenschaftliche Themen verengt.

Eine Ausnahme bleiben noch explizit technische Funktionen. Die spielen bei den schnell wachsenden Digitalunternehmen noch eine größere Rolle als in vielen anderen etablierten Unternehmen. Laut der BSBI-Auswertung bringen diese meist eine sehr spezifische Ausbildung für ihr jeweiliges Start-up mit – die Studiengänge der Chief Technical Officer reicht von Informatik über Maschinenbau bis zur Lebensmitteltechnologie.

Private Unis sind überrepräsentiert

Die detaillierte Auswertung der Ausbildungsstätten, die WirtschaftsWoche Gründer vorliegt, zeigt zudem ein bekanntes Bild: Bestimmte deutsche Hochschulen sind in den Führungsetagen deutlich überrepräsentiert. Allein neun Vorstandschefs haben ihr Studium an der privaten WHU – Otto Beisheim Graduate School of Management absolviert, dazu kommen einige Finanz- und Produktverantwortliche.

Sieben Start-up-CEOs stammen von der HHL Leipzig Graduate School of Management. Die LMU München bildete drei Vorstandsvorsitzende aus, führt aber die Kategorie der Finanzvorstände mit sechs Kandidaten an. Insgesamt aber ist die Liste der Ausbildungs-Unis immer noch sehr lang – auch bei Start-ups können viele Wege an die Spitze führen.