Franziska von Hardenberg ist am Sonntag Mutter geworden, bei Lea-Sophie Cramer ist es im November soweit. Im Interview haben uns die Gründerinnen erzählt, warum das Thema Mutterschaft in der Start-up-Szene immer noch Probleme birgt.
Berlin. Franziska von Hardenberg, die Gründerin von Bloomy Days, blinzelt in die Sonne und unterhält sich angeregt mit Lea-Sophie Cramer von Amorelie. Auf dem Tisch steht ein Bouqet violetter Blumen, ein Idyll im Garten des Bloomy-Days-Hauptquartiers in Berlin. Dass die beiden Frauen an diesem Augusttag dort zusammensitzen, hat weniger mit dem Geschäftlichen, sondern vielmehr ihrer privaten Situation zu tun: Beide Gründerinnen erwarten erstmals Nachwuchs. Bei von Hardenberg war es am Sonntag soweit, bei Cramer liegt der Geburtstermin im November.
Neben ihrer Situation eint die beiden Gründerinnen auch ihre Vorstellung von der Zeit nach der Geburt: Sie wollen möglichst schnell wieder zurück zu ihren Start-ups. WirtschaftsWoche Gründer hat mit den beiden Frauen vorab darüber gesprochen, wie sich Start-ups und Kinder verbinden lassen, warum der Mitgründer ein Kondom-Abo braucht und die Betriebskita vorerst ein Wunschtraum bleibt.
Frau von Hardenberg, als Sie die Nachricht erhalten haben, dass Sie schwanger sind: Wie lange hat es gedauert, bis Sie das erste Mal wieder an Ihr Start-up gedacht haben?
Franziska von Hardenberg: Sofort. Ich wollte tatsächlich im ersten Moment zuerst Christian [Kieb, Anmerkung der Redaktion], meinem zweiten Geschäftsführer, Bescheid geben, bevor ich daran gedacht habe, es meinem Mann zu sagen. (lacht) Ich habe meinem Mann dann aber doch zuerst von der Schwangerschaft erzählt und erst am nächsten Morgen Christian.
Frau Cramer, wie war es bei Ihnen?
Lea-Sophie Cramer: Wir haben ja im März 75 Prozent unserer Anteile an ProSiebenSat.1 verkauft. Kurz bevor wir den Deal unterschrieben haben, „in der schlimmsten Phase eigentlich“, in der wir uns jede Nacht um die Ohren gehauen haben, habe ich erfahren, dass ich schwanger bin. Um neun Uhr morgens. Und um zehn Uhr hatte ich ein Live-Radiointerview. Somit hatte ich genau eine halbe Stunde Zeit, in der ich mir Gedanken machen konnte, und dann ging es auch schon wieder los. (lacht)
„Mist, im November ist Weihnachtsphase“
Jetzt führen Sie beide ein eigenes Unternehmen. Haben Sie direkt angefangen, alles für Ihre Zeit der Abwesenheit zu organisieren?
Cramer: Nicht ganz. Für mich war der allererste Punkt, es meinem Mitgründer zu erzählen. Weil wir aber in Verhandlungen steckten und uns gegenseitig brauchten, habe ich gewartet, bis der Deal durch war. Und der zweite Gedanke: Mist, im November, dem Geburtstermin, ist Weihnachtsphase. Das ist bei uns ein Hochgeschäft.
Von Hardenberg: Ich wollte erst einmal die kritische Phase hinter mich bringen. In der 15. Woche habe ich es dann das erste Mal erzählt. Ich war bei einem unserer Investoren zum Essen eingeladen und er hat mir ein Glas Sekt in die Hand gedrückt. Und da habe ich nur gesagt: „Leider darf ich jetzt nicht mehr trinken. Ich bin schwanger.“ Daraufhin hat er nur gelacht und ich war erst einmal erleichtert, weil er so locker reagiert hat. Aber ich bin nicht direkt in die Planungsphase eingestiegen.
Gregor Koch
Was für ein großartiger Abgesang auf die Frau als Retterin unseres überkommenen Systems! Aber mehr hat die Redaktion wohl auch nicht erwartet, wenn man den inflationären Gebrauch von “(lacht)” bedenkt. Bleibt als Fazit: wenn wir nicht mehr Regeln abbauen – gleich welche, dienten sie auch dem Schutz der Schwächsten in unserer Gesellschaft: kleinen Kindern -, dann geht das System vor die Hunde. Als nächstes fordern gründende Mütter vermutlich mehr Flexibilität bei Geschwindigkeitsbegrenzungen in Innenstädten, getreu dem Motto:” Es kann doch nicht sein, dass ich fünfzig fahren muss, wenn ich es eilig habe (und Arbeitsplätze davon abhängen respektive mein Kind zu Hause auf die Mutter warten muss)!” (ich lache)
Lisa Hegemann
a) Bleiben Sie bitte sachlich.
b) Kommentare wie der Ihre zeigen, dass ein Interview wie das unsere absolut notwendig war.
H.Meier
Ich kann Hr. Koch nur Zustimmen der Beitrag ist schon etwas merkwürdig und die Reaktion der Autorin mit verlaub unverschämt.
Die Headline: “Als Selbständiger kein Mutterschutz ist absurd.”
Wenn das den Fähigkeits Level der beiden Damen umschreibt dann würde ich da kein Geld investieren.
Mutterschutz, Behindertenschutz, Arbeitszeitgesetze und weitere Arbeitnehmerschutzgesetze sind durch das Direktivrecht des Arbeitgebers begründet und gerechtfertigt.
Gründer sind Selbständige und damit selbstbestimmt. Soll der Gesetzgeber sie vor sich selbst schützen?
Das macht er wie bei allen Menschen bei Selbstgefährdung durch Einweissung in die Psychiatrie.
Zum Inhalt: keinen Gefunden. Es sei denn sie wollten herausstellen das Selbständigkeit auch Eigneverantwortung im Positiven wie im Negativen bis zum Konkurs / Ruin bedeutet aber das macht die Selbständigkeit doch aus.
Das unterscheidet im wesentlichen auch den angestellten Leitenden Manager vom Selbständigen weshalb die hohen (Risiko)Gehälter eigentlich nur bei Selbständigen gerechtfertigt sind.
Der Rest ist Bunte bis Bild der Frau Niveau. Leider.
Carolin Silbernagl
Wichtiger Beitrag!
Ich bin selbst kurz vor internationalem Produktlaunch meines Unternehmens dotHIV Mutter geworden, kann also sehr mitfühlen: https://doubletroublefuereltern.com/staffel-2/carolin-33-sozialunternehmerin/
Dass der Mutterschutz für Selbständige nicht gilt, ist eine harte Nuss, aber eigentlich zum Schutz des Unternehmertums gedacht – um selbständigen Müttern, oft Einzelunternehmerinnen, die Flexibilität zu erhalten.
Im Mutterschutz darf man nicht arbeiten, dafür ist er gedacht. Ich gehe davon aus, dass Lisa und Nora das beide nicht umsetzen, sondern eben weiterhin ihr Geld verdienen.
Und ab Tag 1 nach Geburt gibt es Elterngeld, und das neue Elterngeld Plus hat genau die Flexibilität, die es braucht um die von den beiden beschriebenen Pläne umzusetzen. Zugegeben kann man davon keine Vollzeitnanny zahlen, aber dennoch – der Umfang der Unterstützung, die von staatlicher Seite bereit steht, ist inzwischen schon enorm.
Generell ist mein Eindruck nicht, dass es in der Startupszene nicht nur wenige Mütter, sondern im Allgemeinen noch recht wenige Eltern gibt. Auch die männlichen C-Levels stehen oft noch vor der Familiengründung. Gleichzeitig bewegt sich gerade was, die Gründer/innen werden älter, und damit mit der Realität von Familie konfrontiert. Damit wackeln endlich die Zeiten, in denen Startups großen Konzernen in neuen Arbeitsmodellen hinterherhinken. Schließlich ist nachgewiesen, dass Teilzeitoptionen und Vertrauensarbeitszeit die Produktivität gerade in der Führungsebene steigern.
Erst einmal aber herzlichen Glückwunsch, alles Gute und viel viel Kraft für die beiden Interviewpartnerinnen! Ich würde mich über ein Follow-up Interview in 6 Monaten freuen!
L. Erdmann
“Nach der Geburt werde ich die Tagesmutter und das Kind mit ins Büro nehmen, mich aber auch mal rausziehen, um zum Beispiel über den türkischen Markt bei uns in Kreuzberg laufen oder früher nach Hause gehen.”
Wenn für diese Frau so eine ehrliche Mutter-Kind-Beziehung aussieht, tut es mir jetzt schon leid um das Kleine. Da hätte man seinen Kinderwunsch ernsthaft überdenken sollen. Warum bekommt man ein Kind, wenn man es von Anfang (!!) an einer Tagesmutter in die Hand drückt? Als Statussymbol, um allen zu zeigen, wie gut man Kind und Karriere unter einen Hut bekommt?
Hier wird nach Mutterschutz geschrien, aber wer denkt eigentlich an das Kindswohl?
Und wie wirkt sich dies auf die Mitarbeiterinnen aus? Wird von diesen dasselbe verlangt – direkt aus dem Wochenbett wieder ins Büro?
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