Ganz ohne einen Auftritt bei „Die Höhle der Löwen“ hat das Münchener Start-up die Juroren Ralf Dümmel und Frank Thelen überzeugt.
Die Geschichte von Air Up – einem Start-up, das von sich selbst nicht ganz unbescheiden sagt, „es habe das Trinken neu erfunden“ – beginnt in Schwäbisch Gmünd. In der 60.000 Einwohner kleinen Stadt in Baden-Württemberg studierten Lena Jüngst und Tim Jäger an der Hochschule für Gestaltung Produktdesign. Für die Vorbereitung eines Seminars haben sie gelesen, dass 80 Prozent des menschlichen Geschmacksempfindens durch Geruch entstehen. Ihr Forschergeist war geweckt: Kann man Geschmack auch ausschließlich durch Duft erzeugen?
Sie stellten fest: Es geht. Als Jüngst und Jäger die Hochschule verließen, hatten sie nicht nur ihren Bachelorabschluss in der Tasche, sondern auch eine Geschäftsidee: Wasser mit Hilfe von „Pods“, die am Mundstück einer Trinkflasche angebracht werden, mit Duft zu versetzen und somit Geschmack zu kreieren. Drei Jahre saßen die beiden an der Entwicklung – holten zwischenzeitlich noch drei weitere Gründungsmitglieder – den Lebensmitteltechnologen Fabian Schlang, und die beiden Betriebswirte Jannis Koppitz und Simon Nüesch – an Bord.
Millionenumsatz in Rekordzeit
Vor sechs Wochen ging Air Up in den Verkauf. Eigenen Angaben zufolge hat das in München ansässige Start-up seither bereits eine knappe Million Umsatz gemacht. Auf Amazon und bei einem Großteil der Einzelhändler sei das Produkt nach wenigen Tage bereits ausverkauft gewesen. Bei Amazon sind die Rezensionen überwiegend positiv. Während einige zwar keinen Effekt feststellen oder den Geschmack künstlich finden, loben viele Käufer das System als „faszinierend“ und „genial“. Und in seinen Social-Media-Accounts macht Frank Thelen Werbung für die Flasche, die beispielsweise Softdrink-Fans beim Abnehmen helfen soll.
Das hat seinen Grund: Der Gründer der Beteiligungsfirma Freigeist, bekannt als Jurymitglied in der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“, ist einer der ersten Investoren von Air Up. Auch Mitjuror Ralf Dümmel ist bei dem Start-up eingestiegen – zustande gekommen sind die Investments aber abseits der Fernsehsendung, berichtet Jannis Koppitz, CEO von Air Up: „Auf einer Start-up-Veranstaltung lernten wir zufällig Franks Teamkollegen Niklas kennen, der von unserem Ansatz direkt begeistert war und noch am gleichen Abend Frank anrief. Schon am Ende der Woche saßen wir bei ihm im Büro.“ Um eine größere Produktion der Flaschen gewährleisten zu können, holte Thelen dann Dümmel hinzu.
Siebenstellige Finanzierungsrunde abgeschlossen
Kurz nach dem Verkaufsstart gab nun erneut frisches Kapital für Air Up. In einer erweiterten Seed-Finanzierungsrunde sammelten die Gründer eine siebenstellige Summe ein. Neu an Bord sind das Münchener Pharmaunternehmen Denk Pharma mit Geschäftsführer Stephan Huber, Felix Reinshagen – Mitgründer des Gebäudedigitalisierers NavVis – und der Privatinvestor Carl-Claudius Rosengarten. Laut Air Up war die Runde vierfach überzeichnet.
Bedenken, noch mehr Gesellschafter zu beteiligen, hatte das Team nicht: „Es ist unglaublich komplex, ein Hardwareprodukt ´richtig´ auf den Markt zu bringen. Und wir machen das zum ersten Mal. Wir haben uns also ganz bewusst für eine größere Gesellschafterrunde und den damit entstehenden Mehraufwand entschieden, da der Mehrwert, den unsere Gesellschafter einbringen, bei weitem überwiegt“, so Jannis Koppitz.
Kritik an Einweg-Kapseln
Das Geld soll in die Erweiterung des Teams, in Marketing und Vertrieb fließen. Langfristig soll es auch neue Produkte geben: „Wir erhalten von unseren Kunden schon eine Vielzahl an Ideen, in welche Richtung wir uns weiterentwickeln könnten. Die häufigsten davon sind eine Glasflasche oder eine kleinere Flasche für Kinder. Was genau die nächste Entwicklung sein wird, ist noch nicht spruchreif. Was wir aber schon sagen können ist, dass es schon bald neue Geschmacksrichtungen geben wird.“ Aktuell kann man zwischen Limette, Zitrone-Hopfen, Orange-Maracuja, Apfel und Pfirsich wählen.
Auf dem Plan steht auch eine Überarbeitung der Aroma-Einlagen, wie Thelen in Kommentaren auf einen Linkedin-Eintrag ankündigte. Denn die werden von vielen Nutzern kritisiert, weil sie einzeln in Plastik verpackt sind und nach Gebrauch – ein „Pod“ reicht für fünf Liter – auf dem Müll landen. Air Up argumentiert aktuell, dass Kunden gegenüber dem Kauf von fertigen Mischgetränken in Plastikflaschen sogar Müll vermeiden.